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Spionage-Software fürs HandyMama ist schneller als Schäuble

Mobilfunkanbieter preschen vor auf dem Weg in den Überwachungsstaat - und setzen dabei auf Neugier. Mit "Track your kid".

Haben Sie heute schon die Position Ihres Kindes bestimmt? Bild: ap

"Track your kid" oder "Track your truck"? Tja. Weiß auch nicht, was wichtiger ist. Kann mich nicht entscheiden. Sind beide super. Will man lieber wissen, wo der kleine Dangerseeker nach der Schule noch so abhängt, wenn er eigentlich zum Blockflötenunterricht sollte, oder will man überwachen, vor welchem Puff die Karre steht, die doch das Lebendvieh in den Norden transportieren sollte?

Gleich mehrere der pestilenzartig verbreiteten Klingeltonanbieter haben sich von der Überwachungsstaat-Diskussion inspirieren lassen und bieten seit einiger Zeit niedliche Spionage-Software zum Downloaden für den Hausgebrauch. Mit "Buddy Alert" oder dem "Nulaz Locator" kann man auf displaygroßen Stadtplänen gucken, wo (und in welcher Entfernung vom eigenen Standpunkt) die Buddies oder Exfreundinnen gerade herumlaufen, mit "Mobile Spy" soll man sogar SMS-Nachrichten "tracken" können.

Leider wird, wie bei Klingeltonmarktschreiern üblich, mal wieder maßlos übertrieben: Da zuerst eine SMS mit einer Einverständniserklärung von der zu ortenden Person zurückgeschickt werden muss, kann man als Nichtstaatsanwältin doch nicht so ganz klammheimlich und jamesbondig (bzw. bundestrojanermäßig) das Leben anderer Menschen ausspionieren. Schade. Ich habe mich schon auf die vielen Szenen gefreut, die man miterleben könnte, wenn erboste Partnerinnen ihren untreuen, zu Hause vermuteten Gegenpart beim Knutschen in Bars erwischen. Oder wenn Eltern es endlich mal wieder schaffen, ihre minderjährigen Kinder aus illegalen Tanzclubs zu zerren, deren Location sie normalerweise natürlich nie herausfänden. Aber die ersten Umgehungsprogramme gegen die nötige "Einwilligung zur Weitergabe von Standortdaten" sind schon in Arbeit.

Wartets ab. Wir brauchen gar keinen mühsam gegen den Widerstand der Bevölkerung konstituierten Überwachungsstaat. Wir übernehmen das einfach selbst. Und jedem, der nicht mitmacht, schicken wir 200 Jamba-Monatsabo-Klingeltöne mit furzenden Fröschen, gickernden Hasen und Nena-Songs auf einmal aufs Handy.

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