Spion aus Frust

■ Hannover:Prozeß gegen Verfassungsschützer

Aus „Wut und Haß auf Vorgesetzte“ hat der ehemalige Verfassungsschützer Wilhelm Balke 13 Jahre als „Top-Spion“ für die DDR-Staatssicherheit gearbeitet. Seit Montag muß sich der geständige 54jährige deshalb wegen Landesverrat in besonders schwerem Fall in Tateinheit mit Bestechlichkeit vor dem Oberlandesgericht Celle verantworten. Er soll einen wesentlichen Teil der Verfassungsschutzabteilung des niedersächsischen Innenministeriums über Jahre hinweg „lahmgelegt“ und dafür 245.000 Mark Agentenlohn bezogen haben.

Die von Balke verratenen Informationen sollen nach Auffassung von Oberstaatsanwalt Peter Berard dazu geführt haben, daß in der DDR zwei Menschen zu lebenslanger Haft und weitere neun zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden.

Balke ist inzwischen aus gesundheitlichen Gründen frühpensioniert. Gestern legte er ein umfassendes Geständnis ab. So habe ihn der Direktor des Landeskriminalamts Niedersachsen „jahrelang mit Rachegedanken verfolgt und öffentlich angepöbelt“. Auch sei er verärgert darüber gewesen, daß ihm der Aufstieg in den höheren Dienst verwehrt worden sei. Diese Stimmungslage, berichtete Balke, habe 1977 dazu geführt, daß er von Österreich aus mit Hilfe einer konspirativen Telefonnummer, die ihm dienstlich bekannt war, Kontakt zur Hauptverwaltung Abwehr der DDR in Ostberlin aufgenommen habe. dpa