Spielen und Sprechen: Es geht um Verständnis
Im Game „Chants of Sennaar“ muss man sich durch die Sprachen und Geschichten rätseln. Wer an den Turmbau zu Babel denkt, ist gut dabei.
Jetzt steh ich da, eine gesichtslose Figur in rotem Umhang, frisch aus einem goldenen Sarg geschlüpft, in einem von Kanälen durchzogenen Raum und – ich stecke fest.
Da quatscht mich plötzlich eine andere Figur an. Nur verstehen kann ich sie nicht. Die Schriftzeichen in ihrer Sprechblase sind mir komplett fremd. Der erste Ausdruck – also zumindest falls es hier nett zugeht – könnte das ein „Hey da!“ sein? Die Person drückt einen Hebel runter und plötzlich fließt Wasser ab. Danke! Ab hier arbeiten wir zusammen. Denn auf der untersten Ebene von „Chants of Sennaar“ ist noch alles ganz nett. Sanft nimmt das Game Spieler*innen an die Hand und lässt sie nicht mehr los.
Fünf Stockwerke lang muss ich mich durch den Turm spielen, fünf Völker kennenlernen und ihre Sprachen entschlüsseln. Angelehnt ist die Geschichte an den Turmbau zu Babel. Die Völker verstehen sich nicht und bezeichnen andere im schlimmsten Fall sogar als „Unreine“, die sie mit Waffengewalt von ihrem Stockwerk fernhalten wollen.
Irgendwann verstehe ich, wer Musik mag und wer um seine eingehenden Pflanzen trauert. Eine ähnliche Euphorie wie auf Klassenfahrt in Frankreich das erste Mal wirklich zu verstehen, was die Person, mit der man den halben Abend getanzt hat, eigentlich sagt. Und manchmal sind die Äußerungen sogar gehaltvoll.
Nicht fressen lassen
von Rundisc
Über Sprache lernen wir die Eigenheiten von Menschen kennen, ihre Realitäten. So funktioniert das auch bei „Chants“. Hinzu kommt die klare, einfache Grafik, die aber immer wieder mit Details besticht; und die Architektur, die sich – wie die fein dudelnde, aber nie nervige Musik – in jedem Stockwerk ändert, mal nordafrikanisch anmutet, mal an Orwells „1984“ erinnert.
Ganz nebenbei müssen Spieler*innen Rätsel lösen, sich verstecken und sollten sich nicht fressen lassen. Aber das ist selbst für Unerfahrene machbar, wenn man einfach mal anderen Menschen vertraut, die einen durch ihre Welt führen.
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