Spenden in der Krise: Cafée mit Herz ohne Geld
Ein Hamburger Café für Bedürftige muss sein Frühstücks-Angebot streichen. Die Spenden sind stark zurückgegangen. Die Hamburger Tafel, die das Mittagessen ausrichtet, hat weniger Probleme.
Im Hamburger "Cafée mit Herz" ist die Wirtschaftskrise angekommen. Die bedürftigen Gäste der sozialen Einrichtung bei den St. Pauli Landungsbrücken sind wegen dramatisch sinkender Spendeneinnahmen dazu gezwungen, den Gürtel enger zu schnallen. Weil statt der monatlich benötigten 12.000 Euro nur noch rund 3.000 Euro auf das Spendenkonto fließen, streicht das Cafée nun das kostenlose Frühstück.
Für die Menschen, die jeden Morgen um sieben Uhr auf Einlass gewartet haben, ist das eine schlechte Nachricht. Nicht nur Obdachlose, auch Sozialhilfeempfänger und Rentner kamen in den vergangenen Jahren hierher, weil sie sich heißen Kaffee und Brötchen mit Aufschnitt nicht leisten können.
"Solch einen Spendeneinbruch habe ich noch nie erlebt", sagt Geschäftsführerin Margot Glunz. Ihr Verein lebe vor allem von Spenden aus privater Hand oder von kleinen mittelständischen Betrieben. Sogar die Mitgliederzahlen gingen zurück. "Alleine im Juni hatten wir vier Austritte", sagt Glunz. Mittlerweile selbst von Arbeitslosigkeit betroffen, konnten sich manche Mitglieder den monatlichen Beitrag von fünf Euro einfach nicht mehr leisten.
Das 1999 gegründete "Cafée mit Herz" mitten in Sankt Pauli ist mehr als eine Suppenküche.
Ausschließlich mit Spenden finanziert der Verein die Essenausgabe, die Sozialberatung und die Kleiderkammer.
Im Jahr 2005 wurde der Initiator Holger Hanisch für den taz-Panter-Preis nominiert.
Jährlich gibt das Café rund 70.000 Essen aus.
Etwa 1.500 Sozialberatungen werden pro Jahr gegeben.
Bis zu 300 Gäste kommen täglich. In der Begegnungsstätte können sie ihre Wäsche waschen und duschen.
Die monatlichen Kosten belaufen sich auf rund 12.000 Euro. Seit dem Spendeneinbruch bleiben dem Verein gerade mal 3.000 Euro.
Die Hauptarbeit leisten Ein-Euro-Jobber und Ehrenamtliche.
Seit einigen Monaten hat das Café sogar eine Fußballmannschaft bestehend aus Obdachlosen und Hartz-IV-Empfängern: Die Eintracht Cafée mit Herz.
Die Entscheidung, das Frühstück zu streichen, sei ihr nicht leicht gefallen, sagt Margot Glunz. Eine Alternative gab es dennoch nicht. "Das Frühstück ist ein sehr kostenintensiver Faktor, weil wir vieles davon selbst einkaufen müssen." Nun sorgt sich Glunz um die Obdachlosen, für die das morgendliche Angebot mehr ist als eine Möglichkeit, etwas zu essen zu bekommen. Oft müssten sie früh aufstehen, weil sie von ihren Plätzen vertrieben würden. Im Winter sei es zudem zu kalt, um lange im Freien zu schlafen. Das "Cafée mit Herz" zog sie bisher auch deshalb an, weil es dort warm ist.
"Unser Ziel ist es deshalb, spätestens zum 1. Oktober das Frühstück wieder anbieten zu können", sagt Glunz. Das hänge allerdings von der Spendenbereitschaft der Hamburger ab. Anders als größere Vereine, die von Trägern unterstützt werden, finanziert sich das Café alleine durch Spenden. Würden diese weiter sinken, bedeutete das langfristig das Ende für den kleinen Verein.
Vorerst gesichert ist dagegen das tägliche Mittagessen im Café mit Herz, denn das kommt von der Hamburger Tafel - und die ist von der Wirtschaftskrise bisher kaum betroffen. Bei den Sachspenden seien nur geringe Einschränkungen zu bemerken, erklärt Mitarbeiter Otto Kühl. Die Situation der Tafel mit Lebensmittelspenden sei gleich geblieben. "Hochwertige Lebensmittel sind ein wenig zurück gegangen, da die Geschäfte vorsichtiger einkaufen. Grundnahrungsmittel wie Brot oder Gemüse, werden jedoch weiterhin ausreichend gespendet".
Allerdings sei die Zahl der Bedürftigen immens gestiegen. Und bei bei der finanziellen Unterstützung sehe es tatsächlich schlechter aus: Seit Ende letzten Jahres sind die Geldspenden auch bei Hamburger Tafel gesunken.
Die Tafel werde das Cafée mit Herz wie bisher beliefern können, meint Otto Kühl. "Wir können aber aufgrund unserer Sammelstruktur, nur für das Mittagessen liefern." Die Hamburger Tafel wird von 150 Geschäften beliefert, die überschüssige Lebensmittel abgeben. Die werden oft am selben Tag abgeholt - für das Frühstück ist es da zu spät.
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