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Spekulation über Doppelspitze der LinkenErfolglose Linkenchefin will wieder ran

Miese Schlagzeilen, keine Wahlsiege: dennoch will Gesine Lötzsch Parteichefin bleiben. Ihre Kandidatur hat sie aber offenbar mit niemandem abgesprochen.

Offenbar nicht von Lötzsch' (Mitte) Kandidatur begeistert: Gregor Gysi. Bild: dpa

BERLIN taz | Gregor Gysi gibt in der Öffentlichkeit selten zu verstehen, dass ihm etwas gegen den Strich geht. Aber Dienstagmittag vor der Fraktionssitzung im Reichstag bei der obligatorischen Pressekonferenz war so ein Moment. Was er davon halte, dass Parteichefin Gesine Lötzsch 2012 wieder kandidieren will? "Ich habe das zur Kenntnis genommen", sagte Gysi knapp. Und verschwand.

Unter dem Spitzenduo Klaus Ernst und Gesine Lötzsch hat die Linkspartei seit dem Mai 2010 nicht viel Glück gehabt, viele miese Schlagzeilen und keine Wahlsiege produziert. Viele in der Partei halten es für ausgeschlossen, dass Lötzsch und Ernst eine Chance haben, wiedergewählt zu werden. Spekuliert wird eher über eine Doppelspitze, die die beiden Flügel repräsentiert. In diesem Zusammenhang sind die Namen Dietmar Bartsch, Sahra Wagenknecht und Stefan Liebich gefallen. Aber einen Plan gibt es noch nicht. Und die Furcht, dass sich eine Realo-Fundi-quotierte Führung erst recht blockieren würde, ist virulent.

Lötzsch hatte erklärt, dass sie das "Katz-und-Maus-Spiel" beenden wolle. "Wer jetzt alte Debatten über die Parteispitze wieder aufwärmt, schadet der Partei und missachtet das Votum des Parteitags." Abgesprochen hatte sie ihre Nominierung offenbar mit niemandem - ein Zeichen dafür, wie einsam die Parteispitze agiert. Co-Chef Klaus Ernst hatte noch kürzlich erklärt, dass er die Entscheidung, ob er im Mai 2012 nochmal antritt, offenlässt. Ernst betonte am Dienstag, die Parteibasis wolle nach dem Programmparteitag in Erfurt, "dass wir jetzt Politik machen". Eine indirekte Kritik an Lötzschs Personalpolitik in eigener Sache.

Hintergrund sind die mannigfachen personellen Unklarheiten über die Führung der Linkspartei. Manche hoffen auf eine Rückkehr von Oskar Lafontaine, wobei dessen Funktion offen ist. Lötzsch hat in der Partei keine Hausmacht. Sie wird weder von den Pragmatikern noch von den Fundis unterstützt. Die überraschende Ankündigung, wieder anzutreten, ist offenbar der Versuch, eine letzte Chance zu wahren.

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8 Kommentare

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  • A
    aleister

    "...Aber Dienstagmittag vor der Fraktionssitzung im Reichstag bei der obligatorischen Pressekonferenz war so ein Moment..."

     

    hallo lieber stefan reinecke,

    ich weiß zwar nicht warum, aber irgendwie scheint es Ihnen die Bezeichnung "Reichstag" angetan zu haben. Leider wird diese falsche Bezeichnung durch ständiges Wiederholen nicht eine Richtige. Denn es ist und bleibt nun mal der "Bundestag" oder eben das "Reichstagsgebäude". Irgendwie sollten Sie sich da mal entscheiden. "Reichstag" geht jedenfalls garnicht...

  • S
    Steffi

    Es ist sowas von todtrauig, dass Katja Kipping ausgerechnet jetzt in die Elternzeit entschwindet.

    Aber naja.

    In zwei Jahren ist Katja Kipping ja immer noch jung. Hoffentlich hat sie dann auch immer noch Bock auf Politik. Aber da bin ich eigentlich zuversichtlich.

  • H
    Hatem

    Die Gesine.... starrsinnig wie die alte SED-Führung.

    Bloß keine Fehler zugeben. Vorwärts zum nächsten Parteitag, alles bleibt besser!

  • W
    Webmarxist

    Der heimliche Parteichef der Linken ist sowieso Oskar Lafotaine. Als er sich in der Debatte um Auslandseinsätze der Bundeswehr zu Wort meldete, sagte er. " Ihr könnt euch da völlig auf mich verlassen. Es wird keine Schlupflöcher für Einsätze der Bundeswehr geben." Nach seiner Rede war die Debatte beendet und die Position zu Auslandseinsätzen war klar. Soviel Autorität in der Partei hat nur der Parteichef.

  • W
    Webmarxist

    Der heimliche Parteichef der Linken ist sowieso Oskar Lafotaine. Als er sich in der Debatte um Auslandseinsätze der Bundeswehr zu Wort meldete, sagte er. " Ihr könnt euch da völlig auf mich verlassen. Es wird keine Schlupflöcher für Einsätze der Bundeswehr geben." Nach seiner Rede war die Debatte beendet und die Position zu Auslandseinsätzen war klar. Soviel Autorität in der Partei hat nur der Parteichef.

  • S
    Sokrates

    Das verstehe wer will. Wie kann man das Votum des Parteitages so missverstehen. Unter der Führung von G. Lötzsch gab es nur Niederlagen, Mitgliederschwund und Profilierungskämpfe in der Parteispitze, was also soll die erneute Bewerbung?

    Entweder übernimmt Oskar Lafontaine oder Sahra Wagenknecht oder beide übernehmen die Parteiführung, sonst wird es bald keine Linke mehr geben. Die Zeiten sind sehr ernst, da ist kein Platz mehr für persönliche Eitelkeiten.

    Persönlichkeiten der 2. Reihe gibt es einige, aber die haben im Westen nicht das Ausstrahlungsformat. Und die nächste Bu-Wahl wird im Westen entschieden und nicht im Osten.

  • A
    aurorua

    Trotz meiner Sympathie für die LINKE und auch das neue Programm -im Rahmen demokratischer Bedingungen- sind mir Leute wie die Lötzsch äusserst suspekt, denn wer 1984 noch in die SED (Partei mit eindeutig stalinistischem Hintergrund und Personal) eingetreten war, muß weltfremd oder einfach opportun gewesen sein, womöglich beides bis Dato.

  • T
    Thomas

    Frau Lötzsch ist für ihre Partei, was Herr Westerwelle für seine Partei ist. Der Grund, warum man diese Parteien nicht ernst nehmen kann.