: Spektakuläre Wende im „Fall Airbus“
■ Zwei Jahre nach dem Crash des europäischen Superfliegers mehren sich Zweifel am Pilotenfehler
Paris (dpa) - Mußten am 26. Juni 1988 drei Menschen sterben, weil das neue Superflugzeug der europäischen Luftfahrtindustrie technisch unausgereift war? Und wurden die Flugschreiberdaten der Unglücksmaschine gefälscht, um den Airbus A320 vor einem vorzeitigen wirtschaftlichen Millionenabsturz zu bewahren? Hatte eine erste Untersuchung der Airbus-Katastrophe noch „einwandfrei“ zwei Pilotenfehler als Absturzursache ergeben, kommt eine angeordnete Gegenexpertise zu dem Schluß, es blieben „Zweifel am Funktionieren der Triebwerke“. Rat der beiden Experten: die Untersuchung möglichst schnell zu wiederholen. Schlimmer noch: Eine mangelhafte Beaufsichtigung der Flugschreiber durch den Staatsanwalt, den Chef des Flugsicherheitsamtes und den Präfekten werfen den Experten zufolge „einen Zweifel auf die Ernsthaftigkeit der Prozeduren und die Gültigkeit der Auszüge aus den Aufzeichnungen“. Die „Authentizität“ der Aufzeichnungen sei „schwer zu belegen“. Mit anderen Worten: Möglicherweise handelt es sich um eine Fälschung.
Auch sollen Filmaufnahmen des staatlichen Fernsehsenders Antenne-2, die die Flugschreiber im Kofferraum des Autos des Präfekten zeigen, spurlos verschwunden sein. Als der Unglückskapitän Asseline die Datenschreiber im April 1990 zu sehen bekam, waren deren vier Siegel gebrochen. Das Waldstück, in dem der Airbus in Flammen aufging, wurde derart gerodet, daß es unmöglich ist, die genaue Lage des Wracks nachzuzeichnen. Neue Zweifel werden zudem von unbestätigten Informationen genährt, nach denen ein Bordcomputer den Airbus dazu bewegen wollte, geradeaus auf das Waldstück zu fliegen, während der Pilot bereits den Befehl zum Steigflug gab. Die Daten eines der Flugschreiber sollen außerdem darlegen, daß die nagelneue Maschine wenige Tage vor ihrem Absturz einen See in Sambia überflog, was nachweislich falsch ist. Frankreich bereitet sich jetzt auf die „endgültige“, von Grund auf neue dritte Untersuchung der Katastrophe von Mülhausen-Habsheim vor.
Hans Hermann Nikolei
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