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Archiv-Artikel

Speisung der Gefügigen

Natalie Tenbergs Gastro- und Gesellschaftskritik: Die Mensa der Freien Universität in Dahlem bleibt ein konservativer Ort – trotz gestylter Caféteria

Es gibt einen Ort, an dem kommen alle Studierenden, wie StudentInnen heute heißen, zusammen. Dieser Ort nennt sich Mensa. Hier trifft man Kommilitonen, schließt Freundschaften oder lästert über die Studienanfänger, die trottelig mit ihrem Tablett in der Hand im Gang herumstehen und die Kassen blockieren. Als frischer Erstsemester ahnt man nicht, mit welchem Maß an Strenge das Mensa-Personal an der Freien Universität in Dahlem versucht, seinen riesigen Laden in der Silberlaube zusammenzuhalten.

Ohne MensaCard, also ohne Chipkarte, bekommt man in der Mensa noch nicht einmal die letzten Krümel. Bargeld wird naserümpfend abgelehnt. Als auswärtiger Besucher sollte man sich freundlich an einen der Studenten heranwanzen und fragen, ob man auf seine Karte mitessen darf. Selbst das ist schwierig. Um sich Komplikationen zu ersparen, nimmt man trotz der großen Auswahl das Aktionsessen mit dem Einheitspreis, stellt sich mit dem Studenten-Sponsor an eine Kasse und hofft auf Gnade. Das lästige Bargeld wurde zwar wegrationalisiert, die Kunden aber sind noch da. Manchmal vergessen die, ihre Karte aufzuladen oder ihren Studentenausweis vorzuzeigen, dann hagelt es Rüffel.

Hat man die Klippe Kasse erst mal umschifft, kann man sich an einen der etwa hunderttausend Tische in dem großen, hellen Raum setzen. Bis man allerdings bezahlt und Platz gefunden hat, wird das Essen kalt sein, wodurch es nicht besser wird. Die Spareribs mit Pommes frites, Bohnen und Grilltomate schlagen den arglosen Besucher in die Flucht. Der kalte Käse auf der Tomate klumpt, die Pommes ziehen sich wie Gummi, das Fleisch wurde unter einer dicken Lache Ketschup versteckt – besser so.

An den anderen Tischen sitzen, kurz vor Semesterbeginn, keine hoffnungsvollen, jungen Gesichter, keine Menschen, die noch alles vor sich haben, sondern vor allem Angestellte der Universität. Der Professor im Kreise seiner drei treuen Mitarbeiter entscheidet stets, wo er sitzen möchte, der Rest seiner Gruppe folgt ihm. Es mögen zwar alle Pullis tragen, das Sagen hat in dieser konservativen Uniwelt noch stets, wer im Organigramm oben steht.

Wesentlich egalitärer geht es in der rot gestylten Cafeteria der Mensa zu. Hier darf jeder, der will, mit Bargeld zahlen, kann sich beim freundlichen Personal einen Latte macchiato bestellen und ein Stück Mandel-Karamell-Torte mit Sahne essen. Es ist eben nicht alles schlecht an der Mensa in Dahlem, vieles aber schon. Das zu unterscheiden lernt man im Studium.

MENSA FU II, Otto-von-Simson-Str. 26 14195 Berlin, Telefon (0 30) 8 30 02 -5 21, Mo.–Fr. 8 bis 18.30 Uhr, Mensaessen von 11.15 bis 14.30 Uhr, www.studentenwerk-berlin.de/mensen/