Specht der Woche 04.03.2019: Alle verdienen den Mindestlohn!

Christian Specht kritisiert die Arbeitsbedingungen in Werkstätten für behinderte Menschen.

Bild: Zeichnung: Christian Specht

Ich habe zwei Menschen gemalt, die in einer Werkstatt für Behinderte arbeiten. Sie sitzen an einer Werkbank mit zwei Bohrmaschinen und bohren Bretter. Die behinderten Mitarbeiter in diesen Werkstätten bekommen total wenig Geld, eigentlich kann man das nur ein Taschengeld nennen. Das Problem ist, dass sich die Leute dort nicht trauen, das anzusprechen und höhere Löhne einzufordern. Sie haben Angst, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Die nicht-behinderten Menschen, die in diesen Werkstätten arbeiten, trauen sich auch nicht, sich kritisch zu äußern. Sie haben genauso Angst um ihren Arbeitsplatz.

Ich finde, jetzt ist die Zeit gekommen, etwas dagegen zu tun. Die Politik redet über Mindestlohn, aber nicht für die vielen Menschen, die in diesen Werkstätten arbeiten. Was mich besonders ärgert: Auch die Gewerkschaften setzen sich nicht dafür ein. Wie kann das sein? Wir brauchen ein breites Bündnis, das sich für Mindestlohn in den Werkstätten einsetzt. Noch ein Problem: Wenn die Menschen aus den Werkstätten versuchen, auf den ersten Arbeitsmarkt zu kommen, um Mindestlohn zu beziehen, können sie nicht mehr zurück. Doch wenn sie dort keine Stelle bekommen, dürfen sie nicht mehr zurück in die Werkstatt für Behinderte. Sie sind dann arbeitslos.

Protokoll: Markus Kowalski

Christian Specht, 50, ist politisch engagiert und unter anderem Mitglied im Behindertenbeirat in Berlin-Friedrichshain-Kreuzberg sowie im Vorstand der Lebenshilfe. Er hat ein Büro in der taz und zeichnet. Wenn er es zulässt, zeigt die taz sein Bild.