Sparsamer Sozialprotest: Sozialkürzungen beschlossen
Rund 2.000 Menschen protestieren vor dem Bundestag, in dem die schwarz-gelbe Koalition ihr Sparpaket beschließt. Die Veranstalter hatten auf doppelt so viele gehofft.
BERLIN taz | Als die Parlamentarier am Freitagmittag nach viertägiger Debatte den Sparhaushalt der schwarz-gelben Koalition beschließen, ist das Regierungsviertel abgeriegelt. Grund für ihre Isolation sind - neben Terrorwarnungen und Staatsbesuch von Wladimir Putin - die Demos gegen Sozialkürzungen.
Am Vormittag versammeln sich 2.000 Menschen vor dem Brandenburger Tor, um gegen das Sparpaket zu demonstrieren. Die Proteste richten sich gegen die Sozialkürzungen. So wird Hartz-IV-EmpfängerInnen das Elterngeld, die Rentenversicherungsbeiträge und der Heizkostenzuschuss gestrichen. Auch hunderte SchülerInnen beteiligen sich an der Demo. Es sind deutlich weniger Teilnehmer als von dem Bündnis aus rund 100 linken Organisationen erwartet, das auf 5.000 gehofft hatte.
Es schneit und ist kalt in Berlin. "Es ist eine Gemeinheit der Regierung, die Sozialkürzungen im beginnenden Winter zu beschließen, sonst wären wir zehnmal mehr gewesen", ruft Gregor Gysi, Fraktionschef der Linkspartei, den Demonstranten ironisch zu. Er kritisiert die Koalitionspolitik als "Verletzung der Demokratie", bevor er in den Bundestag eilt, um gegen den Haushaltsplan zu stimmen.
Die Sozialproteste waren bisher verhalten. Resignation der Betroffenen und mangelnde Solidarität der bürgerlichen Mitte seien Gründe dafür, erklärt Politologe Peter Grottian. Wirkungsvoll könne es sein, wenn massenweise ziviler Ungehorsam stattfinde.
Sparpaket: Mit den Stimmen von Union und FDP hat der Bundestag am Freitag den ersten schwarz-gelben Sparhaushalt beschlossen. Kurz zuvor ließ der Bundesrat wesentliche Teile des umstrittenen Sparpakets passieren. Betroffen sind besonders Arbeitslose, für die Zuschläge gestrichen werden. Der Etat für 2011 sieht Ausgaben von 305,8 Milliarden Euro und eine Neuverschuldung von 48,4 Milliarden Euro vor - 9,1 Milliarden weniger, als ursprünglich geplant.
Kritik: Die Opposition kritisierte die Pläne als sozial unausgewogen. Auch trickse die Koalition bei der neuen Schuldenbremse. Im laufenden Jahr wird eine Neuverschuldung von 50 Milliarden Euro erwartet. Es wäre die höchste Nettokreditaufnahme. (rtr/dpa/taz)
Auf den hatten die Initiatoren der Demo auch gesetzt und im Vorfeld zum Brechen der Bannmeile und zur Belagerung des Bundestags aufgerufen. Das misslingt. Aus den Reihen der Demo versuchen zwar immer wieder einige hundert AktivistInnen die Absperrungen Richtung Tiergarten zu durchbrechen und zum Reichstag zu laufen. Die Polizei, mit 1.700 Beamten im Einsatz, verhindert das erfolgreich. Es kommt zu Rangeleien, Knallkörper werden geworfen und zwei Beamte leicht verletzt, teilt die Behörde später mit.
Unter den Demonstranten herrscht am Mittag Resignation. Der Bundestag wurde nicht belagert, Schwarz-Gelb konnte das Sparpaket ungehindert durchwinken. Nach Auflösung der Kundgebung laufen einige Hundert in Richtung CDU-Zentrale und setzen dort ihren Protest fort. Wenn schon nicht den Reichstag umzingeln, dann wenigstens das Machtzentrum der Regierungspartei. Plan B hat funktioniert.
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