Sparprogramm in Italien: Wer beim Staat schafft, muss bluten

Die Regierung Berlusconi kürzt Gehälter im öffentlichen Dienst, hebt das Rentenalter an und überweist weniger an die Regionen. Damit will sie das Vertrauen der Märkte gewinnen

In Italien wird jetzt auf so mancher Pizza weniger Belag drauf sein. Bild: dpa

ROM taz | Italien legt ein Sparprogramm von 24 Milliarden Euro auf, um die öffentliche Neuverschuldung von gut 5 Prozent im laufenden Jahr auf 2,7 Prozent im Jahr 2012 zurückzuführen und so das Vertrauen der Märkte zu stärken.

Der am Dienstag von der Regierung Silvio Berlusconis vorgelegte Plan sieht Einsparungen von je 12 Milliarden Euro in den Jahren 2011 und 2012 vor; das Sparziel soll vor allem mit Einschnitten im öffentlichen Dienst, bei den Renten und den Überweisungen des Zentralstaats an Regionen und Gemeinden erreicht werden. Außerdem soll die Steuerhinterziehung stärker bekämpft werden.

Italiens Staatshaushalt ist zwar durch die Krise weit weniger gebeutelt als der Etat vieler anderer Staaten: Die Regierung in Rom musste weder größere Bankenrettungspakete finanzieren, da es in Italien keine Schieflagen gab, noch musste sie Milliarden in die Arbeitslosensicherung stecken, weil diese in Italien traditionell höchst bescheiden ausfällt. So stieg die Neuverschuldung im Jahr 2009 auch auf im internationalen Vergleich mittlerweile bescheidene 5,3 Prozent. Dennoch muss Italien mit dem besonderen Misstrauen der Märkte leben: Auch wenn es heute solide haushaltet, sitzt es wegen hoher staatlicher Defizite in den Siebziger- und Achtzigerjahren heute auf dem EU-weit höchsten öffentlichen Schuldenberg, der sich im Jahr 2010 dem Wert von 120 Prozent des Bruttoinlandsproduktes nähern wird.

Vor diesem Hintergrund muss sich Italien immer wieder als Euro-Wackelkandidat in fast einem Atemzug mit Griechenland, Spanien, Portugal und Irland nennen lassen. Das jetzt anvisierte Sparprogramm zielt darauf, den Abstand zu den anderen Krisenländern zu vergrößern. Zugleich aber ist Berlusconi viel daran gelegen, größere soziale Härten zu vermeiden. "Wir werden die Steuern nicht erhöhen", war in den letzten Tagen sein Mantra.

Steuererhöhungen sind so auch nicht vorgesehen. Den größten Finanzierungsbeitrag sollen die Staatsbeschäftigten leisten. In den nächsten drei Jahren werden ihre Einkommen auf dem Stand von 2010 eingefroren. Spitzenverdiener im öffentlichen Dienst werden gar Einkommenskürzungen hinnehmen müssen: Summen, die über 90.000 Euro jährlich hinausgehen, werden um 5 Prozent, Summen über 130.000 Euro um 10 Prozent gekürzt.

Bei den Renten wird es zwar keine Kürzungen geben, mit der Verzögerung des Renteneintritts um sechs bis neun Monate aber sollen auch hier Einsparungen erzielt werden. Zudem sollen Anträge auf Erwerbsunfähigkeitsrenten deutlich strenger überprüft werden. Kontrollen in den letzten Monaten hatten ergeben, dass etwa 15 Prozent der vorgeblichen Invaliden ihre Renten zu Unrecht kassieren, bis hin zu Extremfällen von Blinden, die Auto fahrend erwischt wurden.

Neben den "falschen Invaliden" habe er die "echten Steuerhinterzieher" auf dem Korn, verkündet seit Tagen Schatzminister Giulio Tremonti. Geschäfte über mehr als 3.000 Euro sollen in Zukunft nur noch mit einer "telematischen", online kontrollierbaren Rechnung abgewickelt werden dürfen. Die Finanzpolizei wird stärker den Lebensstandard angeblicher Kleinverdiener unter den Selbständigen kontrollieren.

Knapp 5 Milliarden Euro schließlich streicht die Regierung bei den Überweisungen an Regionen und Gemeinden; dies wiederum könnte am Ende doch zu höheren Kommunal- und Regionalsteuern führen - für die aber wäre Berlusconi scheinbar nicht verantwortlich.

MICHAEL BRAUN

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