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Sparpläne im PharmasektorRöslers Pillenmogelei

Für seine Sparpläne im Pharmasektor hat Minister Philipp Rösler viel Applaus erhalten. Dabei könnten die genau das Gegenteil erreichen - Medikamente würden teurer.

Durch Absprachen mit den Apotheken schaffen die Anbieter teurer Medikamente Sonderregelungen, nach denen ihr Medikament wieder günstiger angeboten werden kann. Bild: dpa

Es gab wenig Grund zur Freude, wenn es um Gesundheitspolitik ging in der letzten Zeit, doch in dieser Woche war es mal anders. Am Donnerstag sind die neuen Rabattverträge in Kraft getreten, Krankenkassen und Beitragszahler sparen dadurch Millionen Euro. Denn ab sofort sind Ärzte bei zahlreichen neuen Medikamenten gehalten, statt den teuren Originalen das günstigere Nachahmerprodukt, sogenannte Generika, zu verschreiben.

Das zahlt sich aus: Die Techniker Krankenkasse hat ausgerechnet, dass Rabattverträge der Kasse allein in diesem Jahr 100 Millionen Euro einsparen werden, die AOK erwartet sogar mehr als eine halbe Milliarde. Insgesamt hat die AOK bei den seit 2007 bestehenden Rabattverträgen sogar die Milliarde erreicht - auch auf Zusatzbeiträge können die Kassen durch die Regelung zunächst verzichten.

Doch paradoxerweise könnte die Regelung von einem anderen Sparkonzept für Arzneimittel ausgehebelt werden - den wenige Tage zuvor von Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) präsentierten Eckpunkten zu Einsparungen im Pharmasektor. Denn in seinem Konzept findet sich ein Vorschlag, der den Erfolg der Rabattverträge infrage stellt.

Dabei geht es um eine kleine Regelung in Röslers Sparkonzept. Diese beschreibt der Minister damit, dass Rabattverträge "wettbewerblicher und patientenfreundlicher" gestaltet werden und Patienten "im Rahmen einer Mehrkostenregelungen auch nicht rabattierte Arzneimittel" auswählen können.

Dahinter steht ein einfaches Konzept: Patienten haben nach Röslers Plänen in Zukunft die Möglichkeit, gegen Zahlung eines Aufpreises in der Apotheke ihr gewohntes Medikament zu erhalten, auch wenn es nicht unter die Rabattregelung fällt. Bisher musste das günstigere abgegeben werden. Damit bleiben die Hersteller der teureren Medikamente im Markt - und nutzen dies: Durch Absprachen mit den Apotheken schaffen sie Sonderregelungen, nach denen ihr Medikament wieder günstiger angeboten werden kann.

Kritiker sprechen von Schmiergeldern, der Vorstandsvorsitzende der AOK Baden-Würtemberg, Christopher Hermann, umschreibt es gegenüber der taz mit einem "Marketingwettbewerb um die Gunst der Apotheker". Denn die erzielten Ersparnisse werden nicht an das Gesundheitssystem weitergegeben. "Durch die bisherigen Regelungen kann der Einfluss der Pharmaindustrie auf Apotheken erheblich unterbunden werden", sagt Hermann, "die geplante Mehrkostenregelung würde den Arzneimittelherstellern leicht wieder altes Terrain eröffnen und die Effekte der Rabattverträge könnten verpuffen. Das kann nicht das Ziel der Politik sein."

Tatsächlich wird es in Zukunft durch die Regelung wesentlich schwieriger für die Kassen und die Hersteller von Generika, Rabattverträge auszuhandeln. Denn durch die Wiederöffnung des Marktes für die unrentableren Medikamente lassen sich die Absätze schwerer berechnen - doch die Absatzgarantien sind Grundlage für die Preisnachlässe der Rabattverträge.

Die Folgen dürften die in Minister Röslers Rhetorik geschätzten PatientInnen schnell spüren: Denn als Folge von weniger Rabattverträgen dürften die Preise wieder steigen. "Rösler hat es entweder nicht kapiert", sagt der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach der taz, "oder er hat sich einfach von der Pharmalobby über den Tisch ziehen lassen".

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11 Kommentare

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  • MS
    Michael Schultze

    Also mal ganz ehrlich: In den USA kostet eine 1000der Schachtel Aspirin mit Haltbarkeit 3 Monate nur 1,99$ - und in Deutschland 20 Stück 4,90€. Das seit einem halben Jahr diskitiert wird, die Schachtelgröße auf 15 St. zu begrenzen wegen der bösen bösen Nebenwirkungen ist ganz vergessen, hauptsache billig.

     

    In Deutschland kostet eine Schachtel Cefaclor 500mg 10 Tabletten 15,61 €. In einem US-Versand habe ich soeben 10 St. für 60,50$ ausgemacht. Ja, DAS nenne ich billig. Weis das irgendwer in Deutschland? NEIN. Warum nicht? Ich zahl ja (nur) 5€ dazu, den Rest zahlt die Kasse. Das ist übrigends bei fast allen Generika-Präparaten so in den USA: Freiverkauf - spottbillig; verschreibungspflichtig - schweineteuer!

     

    Dazu kommt: ENTEIGNET ALLE! Wie gut dieses System funktionierte, sieht man an der ex-DDR. Da brauchte man Beziehungen, um einmal im Quartal an seine Blutdrucktablette zu kommen. Ich fordere Ulla Schmidt als 5-Jahres-Plan-Beauftrage der enteigneten & verstaatlichten deutschen Pharmaindustrie!

     

    UND APOTHEKER! Alle abschaffen! Beraten für umsonst. Sowas ist wirtschafts- und damit patientenschädlich! Versuchen, die Rabattverträge der Krankenkassen umzusetzen. Sowas ist patientenschädlich, da die Patienten die ihnen nicht vertrauten Firmen nicht korrekt einnehmen! Sparen auf diese Weise der Krankenkasse ungezählte Millonen bis Millarden €. Sowas ist wirtschaftsschädlich, da diese (intransparent verbuchten) Ersparnisse nicht den Patienten bei den Beiträgen zugute kommen! Wenn sie es nicht machen, werden sie von der Krankenkasse nicht bezahlt. Sowas ist wirtschaftsschädlich, da die Krankenkassen sowviele Mitarbeiter einstellen, die das überprüfen müssen, und auf diese Weise die Verwaltungskosten steigen! Und dann wollen die davon auch noch leben! Sowas ist aber sowas von patientenschädlich, die könnten doch von Luft und Liebe und der Dankbarkeit ihrer Patienten leben!

     

    Nur so als Tip: die letzte HonorarERHÖHUNG der Ärzte (gegen die ich hier nicht argumentieren will), war mehr als die Hälfte der Gesamtausgaben der Krankenkassen für die Apotheken (wohlgemerkt NUR die Apotheken, nicht die Arzneimittel) im fraglichen Jahr.

     

    Aber solche Themen lassen sich immer in 4 Worten zusammenfassen: Macht es gefälligst billiger!

     

    "Gott, lass es Hirn regnen!" - "Sorry, Hirn ist aus!"

  • GK
    gerd knipping

    Die Darstellung bezüglich der Rabattverträge finde ich ein bisschen einseitig. Bisher sind die Krankenkassen den Nachweis schuldig geblieben, ob di Rabattverträge wirklich zu Einsparungen führen un weiter noch, bisher hat keine gesetzliche Krankenkasse offen gelegt wie hoch die durch die Pharmaindustrie gewährten Rabatte waren. Was übrig bleibt ist Intransparenz, der Herr Rösler zu Recht den Kampf ansagen will.

     

     

    also wirklich....

    ich würde sagen unser herr rösler wusste was er macht. ein satz von ihm geht in etwa so er sieht die politik als sprungbrett für die wirtschafft, den da wird der richtige schotter verdient. dieser mann steckt voller krimineller energie. leider ist das nicht der einzigste.

     

    die lügen sind fast nicht mehr zu ertragen seitens unserer regierung. es ist eine schande zu sehen wie dumm die bevölkerung gehalten wird. das schlimme daran ist sie merkt es nicht einma. wen sie darauf hingewiesen wird schreit sie laut auf und verteufelt oder ignorieren/denunzieren die menschen die ihnen das vor die augen führen.

    unsere gesellschafft ist einfach krank. politik wird nur noch von subjekten betrieben die von macht angezogen werden. menschliche ethische grundsätze zählen nicht. alleine das ich steht im vordergrund. die medien machen fleißig mit. entweder aus ideologischen gründen oder weil sie am finanztropf hängen.

     

    es ist einfach nur noch unglaublich was hier vor sich geht. wen es so weiter geht wird ein großteil der bevölkerung in den kommenden 10 jahren das grundgesetz dazu benutzen die obrigkeit zu verscheuchen. darauf geb ich den damen und herrn hier gerne brief und siegel.

     

    wie sagte schon abraham lincoln.

    man kann ein ganzes volk eine zeit lang belügen, teile eines volkes dauernd betrügen, aber nicht das ganze volk dauernd belügen und betrügen.

     

    wir leben im politischen mittelalter aber besitzen waffen der neuzeit....

     

     

    mfg

  • P
    pardon

    Ich hätte einen guten Spartipp: Warum nehmen wir uns nicht ein Beispiel an den USA? Dort werden mir im Krankheitsfall nur so viele abgezählte Tabletten verschrieben, wie ich wirklich brauche. Dasselbe gilt für Salben, etc.

    Hier bei uns bekomme ich oft ganze Klinikpackungen verschrieben, wovon die Hälfte überflüssig ist, aber bezahlt werden muss. Berge von nicht verbrauchten Medikamenten wandern regelmäßig in den Müll. Außerdem wird der billigste Anbieter genommen, Herstellernamen tauchen nicht auf.

    Die übermächtige Pharma-Lobby muss endlich gebrochen werden. Wir lassen uns melken ohne Widerstand. Eine identische Packung Aspirin kostet in Amerika nur einen Bruchteil von dem deutschen Verkaufspreis. Dieses Rechtfertigen ihrer skandalösen Preise durch das gebetsmühlenartige Begründen durch die Forschung ist unglaubwürdig. Es gibt viel zu viele überflüssige Arzneimittel auf dem deutschen Markt, hinzu kommt aber, dass einige effektive Mittel künstlich zurückgehalten werden zugunsten von teuren ineffektiven (z.B. gegen Schuppenflechte). Wo bleibt da die Ethik?

  • L
    Lara

    Die Kassen bekommen für chronisch Kranke mehr Geld aus dem Gesamtpott, nur wird bei genau den Patienten immer mehr eingespart und sie zahlen immer mehr selber, durch schon viele vorhandenen Festpreise, etc. - dies wird in den festgelegten gesätzlichen Zuzahlungen aber nicht mit eingerechnet.

    Bisher sind nur für die Generika gesunken. Sämtliche ausgehandelten Rabatte, kommen bisher nicht den Patienten zugute, sondern allein den Apothekern oder Krankenkassen.

    Und die Pharmaindustrie steigert ihre Gewinne immer von Jahr zu Jahr, obwohl es ja schon ausgehandelte Verträge zwischen Ihnen und den Kassen gibt ... dies nennt man mal Optimales Wirtschaften!

  • C
    claudia

    Sinnvoll wäre eine komplette Enteignung der Pharmaindustrie nach Art. 14/15 GG.

     

    Profit, der aus Krankheit gesogen wird, dient nicht der Gesundheit der Menschen.

     

    Das System wird billiger, wenn man nur noch die Leute bezahlen muß, die direkt für Gesundheit und Behandlung von Krankheiten arbeiten und keine Dividenden mehr abgesaugt werden.

    Pharmazeutische Forschung kann von Universitäten mehr zielorientiert und kostengünstiger geleistet werden als von Firmen, deren Hauptziel der Profit ist.

  • D
    DenkSchlächter

    Ob er/sie Rösler oder anders heißt, wer glaubt, das FDPisten-Mövenpick für Verbraucher / Patienten eintritt, der glaubt auch, daß Zitronenfalter Zitronen falten…

  • Z
    Zulu

    Endlich ein kritischer Bericht zu Röslers "Sparplänen".

    Ich war schon ziemlich erstaunt, wie die ARD die Pläne lobten und die Beliebtheit von Rösler nach oben schnellt.

    Tatsächlich deckt auch dieser Artikel nicht den ganzen Umfang des geschickten Täuschungsmanövers auf. Die Zusammenhänge sind viel zu verworren um sie in so einem kurzen Beitrag vollständig offenzulegen.

    Wenn ein FDP-Politiker anscheinend gegen die Industrie vorgeht, sollte man hellhörig werden. Das passt nicht zusammen und ist auch hier nicht der Fall.

     

    Ich hoffe, dass die Medien ihrer Aufgabe gerecht werden und die "Pillenmogelei" vollständig aufdecken.

  • E
    enger

    Die Darstellung bezüglich der Rabattverträge finde ich ein bisschen einseitig. Bisher sind die Krankenkassen den Nachweis schuldig geblieben, ob di Rabattverträge wirklich zu Einsparungen führen un weiter noch, bisher hat keine gesetzliche Krankenkasse offen gelegt wie hoch die durch die Pharmaindustrie gewährten Rabatte waren. Was übrig bleibt ist Intransparenz, der Herr Rösler zu Recht den Kampf ansagen will.

  • SS
    selten so gelacht

    also wirklich....

    ich würde sagen unser herr rösler wusste was er macht. ein satz von ihm geht in etwa so er sieht die politik als sprungbrett für die wirtschafft, den da wird der richtige schotter verdient. dieser mann steckt voller krimineller energie. leider ist das nicht der einzigste.

     

    die lügen sind fast nicht mehr zu ertragen seitens unserer regierung. es ist eine schande zu sehen wie dumm die bevölkerung gehalten wird. das schlimme daran ist sie merkt es nicht einma. wen sie darauf hingewiesen wird schreit sie laut auf und verteufelt oder ignorieren/denunzieren die menschen die ihnen das vor die augen führen.

    unsere gesellschafft ist einfach krank. politik wird nur noch von subjekten betrieben die von macht angezogen werden. menschliche ethische grundsätze zählen nicht. alleine das ich steht im vordergrund. die medien machen fleißig mit. entweder aus ideologischen gründen oder weil sie am finanztropf hängen.

     

    es ist einfach nur noch unglaublich was hier vor sich geht. wen es so weiter geht wird ein großteil der bevölkerung in den kommenden 10 jahren das grundgesetz dazu benutzen die obrigkeit zu verscheuchen. darauf geb ich den damen und herrn hier gerne brief und siegel.

     

    wie sagte schon abraham lincoln.

    man kann ein ganzes volk eine zeit lang belügen, teile eines volkes dauernd betrügen, aber nicht das ganze volk dauernd belügen und betrügen.

     

    wir leben im politischen mittelalter aber besitzen waffen der neuzeit....

     

     

    mfg

  • V
    vic

    Rösler hat´s durchaus kapiert, und er wurde auch nicht über den Tisch gezogen.

    Das ist ganz normale FDP-Klientelpolitik.

  • E
    Eser

    "wettbewerblicher und patientenfreundlicher"

    der Satz ist ein Widerspruch. Im derzeitigen Gesundheitssystem ist das Wohlergehen des Patienten nicht Gegenstand des Wettbewerbs, sondern eher hinderlich. Allein, dass man für chronisch Kranke mehr Geld von den Versicherungen bekommt, lässt die Anzahl der chronisch Kranken ansteigen.