Sparen: Ausgaben im Visier
Bettina Sokol hofft als neue Präsidentin des Landesrechnungshofs auf "konstruktiven Dialog" mit der Politik. Ernste Mahnungen scheut sie aber auch nicht
Bettina Sokol empfängt im Foyer des Hauses ihrer Dienstelle. Allein das Bild müsste Nachfragen provozieren: Da steht dann also die neue Präsidentin des Landesrechnungshofes im ziemlich weitläufigen Foyer eines ziemlich groß geratenen Hauses. Zu ihrem auf Sparsamkeit bedachten Amt passt das schlecht, aber der Landesrechnungshof ist nur Mieter im Haus, das vor allem die Bremer Filiale der Bundesbank beherbergt. Kein Einsparpotenzial also für das Land, selbst die unablässig rollenden Rolltreppen röhren auf Kosten des Hauseigentümers.
Bettina Sokol, 50, wird ab sofort auf solche Dinge achten, den professionellen Blick jedenfalls bringt sie mit. Über 13 Jahre war sie Landesdatenschutzbeauftragte in Nordrhein-Westfalen. Wenn ihr unterwegs mal eine Überwachungskamera ohne Hinweisschild auf deren Zweck begegnete, dann machte sie das zu einer Sache ihrer Behörde.
Sie hat das Amt ernst genommen und wird das auch hier tun, im Sinne des Auftrags. "Der öffentlichen Verwaltung auf die Finger schauen", sagt sie - mit dem Unterschied, dass sie als Datenschützerin unmittelbar die Grundrechte vor zu viel Staat zu schützen suchte und es nun um die korrekte Verwendung von Steuergeld geht. Beides, sagt sie, findet sie "sinnstiftend", weil sie für das Gemeinwohl eintritt und sie "jeden Tag in den Spiegel gucken und sagen kann: Jawohl, du kämpfst für eine gute Sache". Sie wird "den Finger in Wunden legen", sagt sie - Auseinandersetzungen mit der Politik nicht scheuen. Bei der Vorstellung ihres letzten Berichts als Datenschutzbeauftragte in NRW bescheinigte sie dem dortigen Innenminister "Realitätsverlust", weil der sich stur der Forderung nach einer besseren Personalausstattung widersetzte. Konflikte sollen aber, so wünscht sie es sich, die Ausnahme bleiben. Ihr Auftrag soll ganz einfach respektiert werden, Argumente gehört und abgewägt werden;. Am liebsten würde sie ganz früh ansetzen: nämlich im "konstruktiven Dialog" mit der Politik, "verhindern, dass Kinder in den Brunnen fallen". Die Ressorts also begleitend beraten, auch wenn gerade das mehr Arbeit für ihre mit 45 Personen besetzte Dienststelle sein kann als die Prüfung im Nachhinein - was aber den Ärger um Ausgabenorgien verhindern könnte. Das, findet sie, "sollte im Interesse öffentlicher Stellen liegen".
Sokol ist in Bremen geboren, 1990 bis Ende 1992 war sie Richterin am Verwaltungsgericht, wurde abgeordnet als wissenschaftliche Mitarbeiterin ans Bundesverfassungsgericht - bis sie 1996 als Datenschützerin nach Düsseldorf ging. Ihr hat das "Spaß gemacht", zumal es nicht bei der Zuständigkeit für öffentliche Einrichtungen blieb, sondern die Privatwirtschaft dazu kam und das Land 2002 ein Informationsfreiheitsgesetz hatte, auf dessen Einhaltung sie auch zu achten hatte. Sie erzählt davon und klingt begeistert. Schwer vorstellbar, dass sie als oberste Rechnungsprüferin im kleinen, überschuldeten Stadtstaat eben so viel Spaß haben wird. Die Aufgabe, sagt sie, habe sie gereizt. Es gehe in Bremen wegen der Finanzlage auch immer um die Eigenständigkeit als Land, die ihr am Herzen liege. Für Sokol ist es auch ein Zurück zu den Wurzeln. Sie lebt gerne in Bremen und freut sich, dass es ein Ende hat mit der Pendelei. Ihr Mann wohnt hier, all die Jahre in Karlsruhe und Düsseldorf verbrachten sie abwechselnd ein Wochenende hier und eins dort.
Seit sechs Tagen ist sie im Amt, lädt jeden Tag vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Gespräch. Sie will ihre Leute kennen lernen und sie ermuntern, die Arbeit als gemeinsame Sache zu verstehen. Einige Aufgaben für den Rechnungshof schweben ihr vor, konkreter werden will sie aber noch nicht. Vorerst ist ihr Büro ohnehin selbst die Baustelle: Gestern wurde dort an der Technik gewerkelt.
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