Spanien beim Confed Cup: Unbeliebtes Überteam
Das Finale zwischen Brasilien und Spanien hat schon begonnen – auf den Rängen und in den Zeitungen pöbeln die Gastgeber gegen die Weltmeister.
FORTALEZA taz | Für die spanische Nationalelf hat sich die Reise nach Brasilien zum oft etwas gering geschätzten Confed Cup schon gelohnt. Die Mannschaft von Trainer Vicente del Bosque hat einen Vorgeschmack auf die Weltmeisterschaft im kommenden Jahr erhalten: Die langen Anfahrtswege, sozialen Proteste und klimatischen Bedingungen kennen sie nun. Aber vor allem das Gefühl, nicht sonderlich beliebt zu sein.
In der Vorrunde gaben sich die brasilianischen Zuschauer noch Mühe, Xavi, Iniesta, Casillas und Co. mit respektvollem Applaus zu begrüßen, und erst im Spielverlauf sorgte Spaniens Überlegenheit, garniert mit endlosem Ballbesitz für Unmutsäußerungen des ungeduldigen Publikums. Am Donnerstag beim Halbfinale gegen Italien mischten sich hingegen schon bei der Vorstellung des Welt- und Europameisters deutlich vernehmbare Buhrufe in einen verhaltenen Applaus.
Da passt es, dass sich brasilianische Medien zuletzt auffällig intensiv mit psychologischer Kriegsführung und der Analyse des spanischen Spiels außerhalb der Stadien beschäftigten. Es ging um verschwundenes Geld, eingeladene Gespielinnen und heimliches Glücksspiel. Die lokalen Zeitungen rollten den Fall mithilfe des auskunftsfreudigen Hotelpersonals auf, die Spanier fühlten sich verleumdet und persönlich beleidigt. „Man darf mit der Reputation der spanischen Mannschaft nicht so umgehen“, sagte Führungsspieler Sergio Ramos.
Brasilien war seinerseits demütig und bescheiden in das Vorbereitungsturnier gestartet, unsicher, wie gut die Seleção nach einigen durchwachsenen Jahren schon wieder ist. Mit vier Siegen in vier Spielen und dem Einzug ins Finale sind die Ansprüche gewachsen, der Titel im nächsten Jahr wahrscheinlicher geworden.
Satter Applaus bei Italiens Hymne
So ganz sicher scheint sich die Fußballnation ob der eigenen Stärke dennoch nicht zu sein, und die Hoffnungen, die titelsammelnden Spanier zu stoppen, legt man auch gern in italienische Hände und Füße. Gianluigi Buffon und Andrea Pirlo wurden vor dem Halbfinale frenetisch gefeiert, und während der Nationalhymne wurden die Italiener mit sattem Applaus in die Schlacht geschickt.
Die gaben sich alle Mühe. Cesare Prandelli dirigierte am Spielfeldrand 120 Minuten lang virtuos seine Mannschaft, der mit dem unberechenbaren Mario Balotelli der wichtigste Solist fehlte. Abgesehen von Veteran Pirlo verfügt Prandelli über ein Ensemble eher limitierter Künstler, aber er versteht sich bestens im perfekten Arrangement – ohne auf ein starres Defensivkonzept zu setzen, für das Italien berühmt berüchtigt ist.
So bereitete Italien mit flotten Angriffen den Spaniern gehörige Probleme. Die versuchten bei mehr als 30 Grad Celsius und über 50 Prozent Luftfeuchtigkeit so kräfteschonend wie möglich ins Finale einzuziehen. Bis auf den agilen Andres Iniesta bewegten sie sich schwerfällig über den Rasen, passten unkonzentriert, verweigerten die Sprints in die freien Räume.
Der Euphorie musste Italien im Laufe des Spiels Tribut zollen. „Wir hatten größere physische Probleme“, sagte Prandelli angesichts zunehmend gefährlicher werdender Spanier, die vor allem in der Verlängerung die besseren Chancen auf den späten Sieg besaßen. Nach der letztlich unglücklichen 6:7-Niederlage im Elfmeterschießen zeigte sich Italiens Trainer dann demütig: „Wir haben gezeigt, dass wir mit den Besten mithalten können“, sagte Prandelli, „Wir wollen die Kontinuität finden, die Spanien bereits hat.“
Eine Kontinuität, die sich darin zeigt, dass die Spanier im 29. Pflichtspiel in Serie ungeschlagen blieben. Nun treffen sie im Traumfinale auf Brasilien, das den Confed Cup die letzten beiden Male gewann – und das im Maracanã, wo im nächsten Jahr auch das Endspiel stattfinden wird. Auch in dieser Beziehung erhält Spanien einen Vorgeschmack.
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