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■ Spanien: Die ETA verhindert politische Lösung des BaskenkonfliktsGut gezielt, Pistolero!

Das Geschäft der baskischen Separatistengruppe ETA ist das Morden und nicht die Diplomatie. Das hat der tödliche Schuß auf den konservativen Gemeinderat José Luis Caso einmal mehr bewiesen. Die ETA will mit dem Anschlag Rache nehmen für die Verurteilung der 23 Vorstandsmitglieder von Herri Batasuna (HB). Da die Führung der in Madrid regierenden Partido Popular (PP) für die durch Verhaftungen geschwächte ETA außer Reichweite ist, haben sich die Kommandos das schwächste Glied in der Kette ausgesucht, die gewählten Volksvertreter vor Ort, in den Dörfern und Städten des Baskenlandes.

Bei ihrer blinden Wut gehen die ETA-Kommandos über Leichen und machen gleichzeitig jeden Ansatz für politischen Lösungen zunichte. Von politischen Initiativen will die ETA nichts wissen, selbst dann nicht, wenn sie aus den eigenen Reihen kommen. Das mußte jetzt die Führung der ETA-nahen Gewerkschaft LAB erfahren. Seit der Verurteilung des HB-Vorstands hatte sie unermüdlich ihre Fäden hinter den Kulissen gezogen. Das Ziel: Eine möglichst breite Protestbewegung gegen das HB-Urteil, bei dem erstmals legale Politiker wegen eines Meinungsdelikts hinter Gitter geschickt wurden, auf die Beine zu stellen. Mit Erfolg: Die gemäßigt nationalistische Gewerkschaft ELA schloß sich dem Aufruf zu einer Demonstration in Bilbao und einem zweistündigen Proteststreik an. Die Pazifisten von Elkarri, die seit Jahren für eine Verhandlungslösung werben, mobilisierten ebenfalls. Das Bündnis zog Kreise. Zwar konnten sich die gemäßigten nationalistischen Parteien, wie PNV und EA, nicht zu einem Aufruf durchringen, mußten aber dem Druck ihrer Basis nachgeben, und stellten es ihren Mitgliedern frei, sich den Protesten anzuschließen. Die baskische Sektion der Vereinigten Linke (IU) hielt es ebenso. All das wurde durch das Attentat zerstört. Kleine politische Schritte mit wechselnden Bündnissen sind den bewaffneten Separatisten ein Greuel. Was ihnen liegt, ist eine klare militärische Logik. Und die lebt von einer sauberen Trennung zwischen Feind und Freund. Der Genickschuß gegen Caso stellte diese wieder her. Auf der einen Seite die Regierung in Madrid, die spanischen Parteien und die gemäßigten Nationalisten, die sich mit ihren Aufrufen gegen die Gewalt – so das Weltbild von ETA – Madrid in die Arme werfen. Auf der anderen Seite die einizig wahren Verteidiger der Freiheit des baskischen Volkes. Die Welt der Separatisten ist seit Donnerstag abend wieder in Ordnung. Gut gezielt, Señor Pistolero! Reiner Wandler

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