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Spaltung unter Spaniens FußballerinnenOffene Wunden

Beim Clásico zwischen Real und Barça sorgt die Spielerinnenrevolte gegen Spaniens Nationalcoach Vilda für die größten Spannungen. Und nun?

Gefrustet: Reals Torhüterin Misa Rodríguez nach einem Gegentreffer Foto: imago

Offen klaffen die Wunden in Spaniens Frauenfußball. Das zeigte sich an einer Szene, über die nach dem Besuch des FC Barcelona bei Real Madrid am Sonntagabend mehr geredet wurde als über das standesgemäße 4:0 der Katalaninnen. Wüst und mit frustverweinten Augen schimpfte Real-Torhüterin Misa Rodríguez nach Schlusspfiff auf Barça-Mittelfeldspielerin Aitana Bonmatí ein, weil die ihr den Gruß zu verweigern schien. Und natürlich wurde diese Episode allgemein damit assoziiert, dass die eine (noch) Nationalspielerin ist, die andere nicht (mehr).

Anderthalb Monate ist es her, dass sich 15 Spielerinnen, darunter sechs von Barcelona, in gleichlautenden Schreiben an den Verband für „emotional und also gesundheitlich“ außerstande erklärten, einer Auswahlnominierung nachzukommen. Ursprung ihrer Vorbehalte sind die Methoden von Natio­naltrainer Jorge Vilda, sportlich und womöglich auch atmosphärisch: über Dritte wird ihm exzessiver Kontrollwahn unterstellt. Nun hat Vilda den Kader für die nächsten Länderspiele gegen Argentinien (Freitag) und Japan (Dienstag) berufen. Erneut ohne die 15, aber mit acht Spielerinnen von Real, dem einzigen Spitzenklub, wo alle loyal zu ihm stehen.

Der „Clásico“ – der in Wirklichkeit noch keiner ist, alle neun Duelle hat Barça gewonnen – brachte auch vor diesem Hintergrund einen neuen Rekord in Reals kleines Zweitstadion Alfredo Di Stéfano. Die 5.126 Zuschauer waren zwar noch Lichtjahre entfernt von den über 90.000, die Barcelona vorige Saison in der Champions League für dasselbe Duell versammelte, aber sie reichten für konträre Fangesänge. „Vilda, bleib“, skandierten Real-Anhänger, „Vilda, hau schon ab“, solche von Barça. Gegen Spielende trösteten sich die Heimfans im Spott: „Ihr fahrt nicht zur WM.“

Tatsächlich kursierten in den vergangenen Wochen auch Nachrichten, wonach die 15 Rebellinnen einigermaßen verwundert registriert hätten, dass Spanien ohne sie in Testspielen ein 1:1 gegen den Weltranglistenzweiten Schweden und gar ein 2:0 gegen Spitzenreiter USA herauskickte. Haben sie sich fälschlicherweise für unersetzlich gehalten? Dazu untermauerte ja gerade erst vorige Woche die spanische U17 mit ihrem WM-Titel zwei Monate nach dem Triumph der U20, dass kein anderes Land über so hochkarätigen Talentnachschub verfügt.

Verhärtete Fronten

In der Realität erzählte das Schützenfest allerdings eine andere Wahrheit. Selbst ohne Weltfußballerin Alexia Putellas und weitere Verletzungsausfälle spielte nur Barça mit seinen streikenden Nationalspielerinnen. Ohne sie scheint Spanien unter Turnierbedingungen chancenlos – ihre Rückkehr ist aber nicht in Sicht. Vielmehr bekräftige Vilda bei der Kadernominierung die Position des Verbandes. „Es gab keinen Austausch mit ihnen, wir verstehen es so, dass sie sich selbst ausgeschlossen haben.“

Bei den Männern wäre ein solcher Zustand längst Staatsaffäre, mindestens aber Chefsache und damit irgendwie gelöst worden. Insofern verrät die Angelegenheit auch, wie stiefmütterlich der Frauenfußball von Spaniens skandalumwitterten Verbandspräsidenten Luis Ru­biales behandelt wird. Einen Vermittlungsversuch unternahm bisher nur die Spielerinnengewerkschaft Futpro. Allerdings um den Preis neuer Polemik, weil nach Medienberichten dabei Druck auf weitere Spielerinnen ausgeübt worden sei, sich dem Boykott anzuschließen; Futpro bestreitet das.

Und so kann es für manche Beobachter nur noch die große Lichtgestalt richten: Alexia Putellas hat sich zwar als Sympathisantin der 15 zu erkennen gegeben und steht mit ihrer Kapitänsstellvertreterin Irene Paredes am Anfang der zunächst intern vorgebrachten Proteste gegen Vilda. Weil sie allerdings seit der EM-Vorbereitung (und noch bis ins nächste Jahr) mit Kreuz­band­riss ausfällt, gehörte sie formal nicht zu den Verzichtserklärerinnen. Damit könnte sie etwas mehr Handlungsspielraum haben.

Ursprünglich wurde für eine diplomatische Mission auch mal auf die Spielerinnen von Real gehofft. Wie es heißt, sollen einige von ihnen die Kritik an Vilda teilen, im letzten Moment aber einen Rückzieher vom Protest gemacht haben. Was wiederum die Szene mit Aitana Bonmatí und Misa Rodríguez erklären könnte. „Lass mich in Frieden“, wollen Lippenexperten bei Aitana abgelesen haben. Der Barça-Star, in Position und Talent so etwas wie die neue Alexia, schrieb hinterher von „Spekulation und Desinformation.“ Und: „Nur wir Spielerinnen auf dem Platz kennen die Wahrheit.“ Genau das ist freilich schon die ganze Zeit ein Problem in Spaniens mysteriöser Fußballrevolte.

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