: Spätete Umweltkosmetik
■ Die britische Regierung kündigt die Bekämpfung des Sauren Regens an
Aus London Rolf Paasch
Grün ist derzeit die Modefarbe auf den britischen Inseln. Selbst die Regierung Thatcher kann sich dem Druck des wie die Pest um sich greifenden Umweltbewußtseins nicht mehr erwehren. Sie verkündete am Donnerstag ein 600 Millionen Pfund (zwei Milliarden DM) teures Investitionsprogramm zum Bau von drei chemischen Filteranlagen für die nicht nur Elektrizität produzierenden Kohlekraftwerke. Doch um den „30 Prozent–Club“ der 18 west– und osteuropäischen Länder beizutreten, die sich vor drei Jahren verpflichtet hatten, ihre Schwefelemissionen bis 1993 um ein Drittel zu senken, reicht das noch lange nicht aus. Dazu müßten mindestens sechs der kohlefeuernden Schwefelschleudern um gerüstet werden, mit einem Kostenaufwand von rund 1,4 Milliarden Pfund. Und die Umweltschützer von „Greenpeace“ fordern gar 2 Milliarden Pfund und zwölf Filteranlagen für die insgesamt 20 großen Kohlekraftwerke, um eine wirkungsvolle Bekämpfung des nach Skandinavien exportierten Sauren Regens zu gewährleisten. „Wenn das Problem einmal erkannt ist“, so erklärte Robert Taylor von „Greenpeace“ der taz gegenüber, „dann sollte man es auch soweit wie möglich beseitigen. Die Regierung will doch nur den Umweltschützern den Wind aus den Segeln nehmen.“ Die umweltpolitische Beschwichtigungsmaßnahme ist dabei nicht nur an die Opposition im eigenen Lande gerichtet. Die Bekanntgabe des 600–Millionen– Programmes erfolgte just zu dem Zeitpunkt, als Frau Thatcher ihreeisernen Hacken zum Staatsbesuch in norwegischen Boden bohrte. In Oslo wollte nämlich Norwegens Premierministerin Gro Harlem Brundtland beschwichtigt werden. Die feministische Amtsführerin der dortigen Labour–Regierung wollte ihrer Kollegin aus London schon lange erklären, was sie von dem Umweltschmutz–Export der Briten hält. Auch sie dürfte sich mit der Sauren–Regen–Kosmetik Frau Thatchers nicht abfinden. Und wenn das für einen offenen Konflikt zwischen den beiden Ladies noch nicht ausreicht, dann gibt es da noch die Meinungsverschiedenheiten über die Ölpolitik der beiden Länder und ihre Haltung zu den Förderquoten der OPEC.
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