Späte Schwangerschaften: Das Argument der Zeit ist eine Waffe
Hilary Swank ist 48 und schwanger. Sie beweist: Wir müssen die Entscheidung über Kinder nicht mehr so stark von der Zeit abhängig machen.
Die US-Schauspielerin Hilary Swank ist 48 Jahre alt und hat am Mittwoch ihre Schwangerschaft bekanntgegeben. Der Medienwirbel ist groß, dabei sind späte Schwangerschaften in Hollywood kaum noch ungewöhnlich. Wie das in dem Alter möglich ist, verrät Swank nicht und das braucht sie auch nicht. Dass Frauen nun später Kinder kriegen können, bedeutet für sie vor allem eins: Mehr Selbstbestimmung.
Das Thema Kinderkriegen ist häufig mit Druck verbunden. Viele bekommen den Begriff der „biologischen Uhr“ schon im Teenageralter zu hören. Früh zweifeln wir an uns selbst: Ist etwas falsch mit uns, wenn wir jetzt noch keine Kinder wollen? Sind wir schlechte Mütter, wenn wir sie spät wollen, weil wir sie damit gefährden?
Das Argument der Zeit ist eine Waffe. Es konstituiert eine Erwartungshaltung an Frauen, unsere gesellschaftliche Rolle zu erfüllen, und zwar am besten möglichst schnell. Der Druck bringt uns dazu, zu früh Entscheidungen zu treffen, für die wir noch nicht bereit sind. Es gibt der Gesellschaft Mittel in die Hand, Druck auf uns und unsere Körper auszuüben.
Teures Social Freezing
Doch die biologische Uhr tickt nicht mehr – oder wenigstens ein bisschen langsamer. Frauen können ihre Eizellen einfrieren lassen, um auch nach den Wechseljahren noch Kinder zu bekommen. Social Freezing nennt man das. Dafür werden die Eizellen idealerweise im Alter von 25 bis 30 Jahren entnommen, da die Wahrscheinlichkeit der erfolgreichen Befruchtung der Eizelle dann am höchsten ist. Zwanzig Jahre später kann sie wieder eingesetzt werden.
Frauen müssen die Entscheidung, ob und wann sie ein Kind kriegen möchten, nicht länger so stark von der Zeit abhängig machen. Stattdessen können wir Karriere machen und uns wirtschaftlich absichern. Das ist vor allem deshalb wichtig, weil es nach wie vor zu wenige Kita-Plätze gibt und viele Frauen wegen ihrer Kinder in Teilzeit arbeiten wollen oder müssen. Die hohen Überlebens- und Befruchtungsraten von Social Freezing bieten außerdem einen Rettungsanker im Falle von Unfruchtbarkeit.
Doch das medizinische Verfahren ist kostspielig. Die Behandlung sowie die künstliche Befruchtung kosten mehrere tausend Euro. Hinzu kommen Lagerkosten, die ebenfalls mehrere hundert Euro pro Jahr betragen. Die Krankenkasse übernimmt davon nichts. Eine späte Schwangerschaft kann sich nicht jeder leisten.
Für Stars wie Hilary Swank ist das kein Problem. Die Schauspielerin hat dabei gleich doppeltes Glück: Sie erwartet Zwillinge.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär
Parteitag der CDU im Hochsauerlandkreis
Der Merz im Schafspelz