: Sozialschmarotzen à la Kohl
betr.: „Solidarität mit dem Rechtsbruch“, LeserInnenbriefe, taz vom 15. 3. 00
Das taz-Publikum ist über die Unterstützung wohlhabender Promis für den Rechtsbrecher Kohl zu Recht empört, lässt allerdings einen wichtigen Aspekt der skandalösen Sammelaktion völlig außer Acht.
Der Abgeordnete Kohl hat sich bekanntlich dreieinhalb Monate lang nicht an seinem Arbeitsplatz im Deutschen Bundestag sehen lassen, gleichwohl während dieser Zeit Diäten nebst steuerfreier Aufwandspauschale kassiert. Der/die deutsche SteuerzahlerIn hat also den Parlamentarier Kohl, der seine Pflichten als MdB sträflich vernachlässigt hat, dafür bezahlen müssen, dass dieser als reuiger Spendensammler durch die Republik ziehen konnte. Übrigens derselbe Helmut Kohl, der früher zur Gaudi seiner AnhängerInnen seinen linken GegnerInnen immer vorgeworfen hat, sie würden alles bestreiten, nur nicht ihren eigenen Lebensunterhalt.
Wer die Kohlsche Spielart sozialschmarotzenden Verhaltens entschuldbar findet, ja ihrem Schöpfer sogar noch Respekt zollt – und das sind bekanntlich nicht wenige, die sonst jeden Sozialmissbrauch, der von so genannten Randgruppen begangen wird, als Verbrechen geißeln –, der müsste mit noch einmal 16 Jahren Kohl-Regierung bestraft werden.
Der Ex-Ehrenvorsitzende aber sollte zum Abarbeiten seiner Abgeordnetenbezüge, für die er in den vergangenen Wochen keine Leistung erbracht hat, zum gemeinnützigen Fegen zwangsweise in den Grunewald geschickt werden. UWE TÜNNERMANN, Lemgo
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