Sozialproteste in Israel: Protestbewegung mobilisiert wieder
Die Aktivisten sind enttäuscht über den Regierungsbeschluss zur sozialen Lage. Demnach sollen die Militärausgaben gekürzt und hunderttausende neue Wohnungen gebaut werden.
JERUSALEM/BERLIN dpa/taz | Die soziale Protestbewegung in Israel hat zu einer großen Demonstration für den 29. Oktober aufgerufen. Damit will sie klarstellen, dass ihr die Empfehlungen eines Wirtschaftsgremiums für mehr soziale Gerechtigkeit nicht weit genug gehen.
Die Regierung hatte am Sonntag mit großer Mehrheit die umstrittenen Vorschläge gebilligt. Demnach sollen unter anderem die Ausgaben für das Militär gekürzt und Hunderttausende neue Wohnungen gebaut werden, um die hohen Mietpreise zu senken.
Das Expertenteam unter Leitung von Manuel Trajtenberg hatte außerdem Steuererhöhungen für Reiche, strengere Kartellvorschriften sowie Reformen im Bildungsbereich empfohlen. Kinder sollen etwa ab drei Jahren gratis einen Platz im staatlichen Kindergarten bekommen. Für Kinder im Alter bis zu neun Jahren soll es eine Ganztagsschule geben. Binnen fünf Jahren sollen insgesamt 60 Milliarden Schekel (etwa 12 Milliarden Euro) in den sozialen Bereich fließen.
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte den Ausschuss ins Leben gerufen, nachdem Mitte Juli in Israel die größten sozialen Proteste der Geschichte begonnen hatten. "Ich habe mein Versprechen gehalten, der Bericht ist gut für die Bürger", sagte Netanjahu nach Angaben der Zeitung Haaretz während der Kabinettssitzung am Sonntag. Vergangene Woche war der Regierungschef im ersten Anlauf bei dem Versuch gescheitert, eine Mehrheit im Kabinett für die Empfehlungen zu sichern.
Gegenüber Haaretz kritisierten Vertreter der Protestbewegung unter anderem, dass der Haushalt nicht erhöht worden sei und lediglich Gelder aus dem Militäretat umgewidmet worden seien. Der Vorsitzende der Nationalen Studentenunion, Itzik Shumli, merkte an, dass der Bericht zwar einige wichtige Vorschläge enthalte.
Diese gingen jedoch nicht weit genug, vor allem im Hinblick auf neue Wohnungen, vor allem Sozialbauten, die Reduzierung der Lebenshaltungskosten sowie die Bekämpfung der weit verbreiteten Zeitarbeit. Neben der Mobilisierung für die Demonstration Ende Oktober organisieren die Aktivisten derzeit auch Aktionen im Rahmen eines internationalen Protesttags, der am kommenden Samstag in 40 Ländern gleichzeitig stattfinden soll.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste