: Sozialbetrieb entläßt ohne Sozialplan
■ Streit um Einsparungen bei der Hans-Wendt-Stiftung
Wenn MitarbeiterInnen der Bremer Hans-Wendt-Stiftung am Montag aus dem Urlaub zurückkommen, müssen sie sich auf Verwirrung gefaßt machen: Dann werden sie erstens ihre angestammten Arbeitsplätze als Reinigungskräfte und als Küchenmitarbeiterinnen nicht mehr vorfinden, zweitens wird ihnen die Geschäftsleitung noch immer keine attraktiven Alternativen anbieten können, und drittens werden sie aber ihr Gehalt weiter überwiesen bekommen - was allerdings nur ein sehr kurzfristiger Trost ist.
Spätestens seit März zeichnet sich schon ab, daß zu Beginn der Kindergartenjahre 1989 und 1990 bis zu 14 KollegInnen ihre Arbeitsplätze verlieren werden, mindestens genauso lange währt das Tauziehen mit der Geschäftsleitung und dem Stiftungsvorstand um die berufliche Zukunft der Betroffenen. Im Vorstand der Hans-Wendt-Stiftung sitzen vor allem Mitarbeiter der Sozialbehörde, beim Sozialsenator hochselbst angefangen. Die Stiftungvereinigt diverse soziale Tätigkeitsfelder. Darunter: Eine sozialpädagogische Jugendwohngemeinschaft und eine von Schließung bedrohte Jugendbibliothek, niedergehende Ausbildungswerkstätten für arbeitslose Jugendliche, eine erfolgreiche ambulante Hilfe für Straffällige, Notquartiere für AussiedlerInnen - und heilpädagogische Sondereinrichtungen. Letztere mit ihren ursprünglich hundert Plätzen
werden derzeit aufgelöst. Denn die - bisher noch ausgesonderten - Kinder sollen bis zum nächsten Kindergartenjahr alle Integrationsgruppen in den städtischen Kindertagesheimen besuchen. Das pädagogische Personal aus den Sondergruppen wird mitsamt den Kindern in die städtischen Kindergärten versetzt. Ohne Ersatz-Arbeitsplatz ist dagegen noch immer das hauswirtschaftliche Personal, das bisher in den Sonder-Kindergärten kochte und reinigte.
Der Sozialsenator aus dem Vorstand hatte den Frauen und dem betroffenen Hausmeister auf einer Betriebsversammlung versprochen, die Umstrukturierungen würden keine und keinen arbeitslos machen. Neue Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst und bei freien Trägern ließen sich mit Sicherheit finden.
Der Betriebsrat fordert seit März einen Sozialplan, in dem kollektiv geregelt ist, zu welchen Bedingungen Ersatz -Arbeits- plätze akzeptiert werden können und wann Abfindungs -Regelungen greifen - um die KollegInnen vor Unzumutbarem zu schützen. Geschäftsleitung und Vorstand halten einen solchen Sozialplan jedoch für überflüssig, da, so der stellvertretende Leiter Hardmuth Groß, „keine Kündigungen beabsichtigt“ seien. Am Dienstag wird der Streit um den Sozialplan vor dem Arbeitsgericht ausgetragen.
B.D.
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