: Soundcheck
■ 22 Pistepirkko / Jellyfish
SOUNDCHECK
Heute abend: 22 Pistepirkko. Die Finnen, so sagt die Legende, trinken viel. Dabei werden sie allerdings sehr sanftmütig. Nicht selten passiert es, daß betrunkene finnische Musiker sich nachts mit den Holz-Zargen ihrer Gitarren zudecken. Wenn an diesen Instrumenten Blut klebt, kann es nur das eigene sein. Dieser liebenswerte Umgang mit dem Instrument steht ganz im Gegensatz zu den massiven Welteroberungsgelüsten mancher HipHop und Rock-Band, deren Gerät den Aufdruck „This Machine Kills“ trägt.
Die finnischen 22 Pistepirkko haben nichts gegen Unstraightness und Verspieltheit. Aufgewachsen im Dorf Utajärvi am Polarkreis widmeten sich die Brüder Asko und P-K sowie deren Freund Espe sowohl naiven, dadaistischen Experimenten als auch dem Nachspielen von Titeln ihrer Vorbilder John Lee Hooker, Link Wray, Iggy Pop und Patsy Cline. Mit einer ungewohnt unauffälligen und subtilen Verschrobenheit haben die (englisch singenden) 22 Pistepirkko mit ihrem vierten Album Big Lupu ein lichtes Kaleidoskop entworfen, das anmutet wie ein finnisch-asketi- sches Paralleluniversum, das mindestens Odgen's Nut Gone Flake von den Small Faces, Mellow Yellow von Donavan und gelegentlich von The Jesus And Mary Chain ausmißt. Carsten Klook
Logo, 21 Uhr
Heute abend: Jellyfish. Wissen Sie, man kann hier so schön in der Musikgeschichte rumhuren. Ja, genau hier, auf der Schräge, auf der wir uns festhalten. Gut, es ist nicht modern, ja vielleicht ist es sogar ein bißchen spießig, aber was soll's? Es ist Musik, ist es nicht? Es ist gute Musik, gestohlen bei den Besten. Nein, eigentlich nicht gestohlen. Vielmehr haben wir uns mit den großen Komponisten der Popmusik vollaufen lassen, mit den Beatels, mit Queen, ja neuerdings sehr viel mit Queen. Früher, als wir noch in der Sonne seßhaft waren, da haben wir auch viele Beach Boys und Byrds vernascht, aber mit der
Haarlänge wachsen auch die An-
1sprüche. Und dieses weinende, rottönende, fette Kind in diesem wunderbaren Aufnahmesaal (siehe Seite 26), das sind wir. Sie lachen, aber im Ernst. Aus dieser Brust wächst unsere Musik. Drogenphan-
tasien? Nun gut, wir machen ein
1wenig Spaß mit der Natürlichkeit, aber mal im Ernst, andere Kinder haben doch all die schönen LSD- Träume längst vergessen und machen jetzt Sport. Das ist ekelhaft und nicht Hippie-Sein unter Schild-
kröten. Außerdem haben wir einen
1toll abschüssigen Hit gemacht, wirklich toll: „The Ghost At Num-
ber One“. Da wird auch ihre Freundin aus der Lethargie erwachen. Versprochen? Versprochen! tlb
Große Freiheit, 22 Uhr
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen