■ Soundcheck: Federation / Knitting Factory
Heute abend: Federation. Es ist schon ein Kreuz mit dem Publikum. Ein begnadeter Londoner DJ namens James „Hoolygoof“ Lavelle bewirft seit nunmehr zwei Jahren den Tanzboden mit seinen visionären Herausforderungen, dekonstruktivistisch, abstrakt und stets von seltsamer Schönheit. Doch weil das keinen interessiert, macht er nun halbgare Kompromisse und krallt sich mit Federation eine passable Soul-Band. Die achtköpfige Gruppe aus Bristol schüttelt dabei recht gekonnt einige gute Melodien aus dem Ärmel. Doch leider hielt sich der Maestro zu sehr aus der Produktion heraus: Nur noch Spurenelemente früherer Soundexperimente blieben auf „Flower To The Sun“ kleben. Zu vorgerückter Stunde wird der „heilige Dussel“ Lavelle dann am Plattenaltar die aus der Londoner Bar Rumba bewährte Erkundung der in die Breite gezogenen Langsamkeit vorführen.
Volker Marquardt
Mojo Club, 22 Uhr
Gehört: Knitting Factory. Sie hassen Jazz? Der affektierten Manierismen und des extrovertierten Vollblutmusikertums wegen? In der Fabrik gab es davon genug, obwohl die New Yorker Knitting Factory eher klischee-fern ist. Jimno, ein verhuschter japanischer Gitarrist, bot eine eigentümliche Ästhetik zwischen Kitaro und Caspar Brötzmann. Reizend. Die vier sympathisch-kernigen Hornistinnen des Billy Tipton Memorial Saxophone Quartets boten mit dezentem Schlagzeug Bewegungsfreudiges und Besinnliches mit überzeugender Dramatik. Jazz im oben aufgeführten Sinne schließlich vom Tronzo Trio. David Tronzo, Slideguitarist und Bandleader, zugeknöpft und in seiner Gniedeligkeit hochinspiriert, sein Bassist barfuß, der Schlagzeuger in seiner aggressiven Langeweile sichtbar unterfordert. So erarbeitet sich Musik, doch große Teile des Auditoriums mochten diesen Prozeß nicht mehr verfolgen.
Holger in't Veld
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