■ Soundcheck: Gehört: Dick Dale und Eddie Bo
Gehört: Dick Dale Die Verstärker hat Dick Dale (oben) nicht zum Explodieren gebracht. Sein Konzert fiel angenehmerweise nicht so rockmäßig aus, wie die Auftritte der menschgewordenen knorrigen Zeder mit den straff nach hinten gelegten Haaren in Fernsehinterviews vermuten ließen. Als äußerliche Mischung aus einem späten Wolfgang Neuß und einem in vielen Kämpfen mit den Weißen erprobten Indianerhäuptling bewies Dale dafür auf der Bühne der Markthalle Humor. Denn die meistens an etwa sieben Bünden gegriffenen Töne einer schnell von unten und von oben angeschlagenen Gitarren-Saite, um die es Dale im wesentlichen ging, erzählten nicht nur etwas vom Surfen, sondern auch von anderen Geschichten aus Amerika, etwa einem Stock-Car-Rennen, wo die aufgemotzten Fahrzeuge in fünf Sekunden auf 400 Stundenkilometer beschleunigen, oder Voodoo-Tänzen, bei denen die Nachfahren der Conquistadoren plötzlich Nadelstiche zu spüren meinen. Vielem halt, das mit einem eher zirkushaften, protzigen Aufwand an Energie und metaphysischem Getue zu tun hat. So gesehen sollte Dick Dales Musik möglichst nie in Politik übersetzt werden.
Kristof Schreuf/ Foto: jms
Gehört: Eddie Bo Die Backmischung „Funk & Soul“ ohne schleimige Bal ladenkonfitüre? Das geht auch ohne geschmackloses Show-Backpulver auf und zergeht auf der Zunge – ohne klebrigen Nachgeschmack, zumindest bei Eddie Bo (unten). Der „beste New-Orleans-Pianist“ hat am Donnerstag abend im Funky Pussy Club bewiesen, daß es noch Publikumsköder erster Sahne gibt. Als er einem blonden Fan in der ersten Reihe versprach: „I'm gonna show you how to dance“, roch es noch nach Allerweltsgag. Doch dann spannte der 66jährige seinen schwarzen Regenschirm auf, steppte wild durchs Publikum – eine Ode an Gene Kellys „Singin' In The Rain“- und gab Schirm und Tanznummer weiter an die Zuschauer: „Dance, dance, dance“. „Mustang Sally“ und anderen Pflichtnummern des Soul verpaßte er knackig-groovige Soli fern von Abdreschfetz und Eitelkeitszinnober. Auch die begleitende Band Big John & The Soulciety Rhythm Section, denen nach nur einer Probe wohl etwas Mut fehlte, lockte Bo aus den dunklen Bühnenwinkeln ins Rampenlicht couragierter Klänge. Ein dampfender Kuchenabend en bloc – ohne Zugabekleckereien.
Katrin Seibold/Foto: kat
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