■ Soundcheck: Gehört: Wunder/Sparkmarker/Eleven Pictures und Morgen vormittag: Truls Moerk
Gehört: Wunder/Sparkmarker/Eleven Pictures. Eine lange rockmusikalische Donnerstagnacht im Marquee, der man dialektischen Charakter attestieren könnte. Die Hamburger Formation Wunder verwunderte zunächst vor allem durch das hemmungslose Gepose des Gitarristen, brachte aber ansonsten ziemlich soliden und abwechslungsreichen Gitarrenrock, der gleichwohl konziliant blieb. Sparkmarker aus Vancouver lieferten alsdann die antithetische Hardcore-Dröhnung, eine krachig-bratzige Flutwelle, die die Köpfe erstmal leerwusch.
Zum Glück sorgten die Schweden Eleven Pictures schließlich doch noch für den richtigen Input und honorierten das lange Ausharren. Weder lauschig noch bloß laut boten sie bei ihrem ersten Auftritt in deutschen Landen eine hartgrungige, melodisch-ungezähmte Synthese ihrer beiden Vorbands. Das Highlight blieb dabei allerdings eine Coverversion ihrer schwedischen Landsmänner Union Carbide Productions, und Eleven Pictures selbst boten streckenweise eher ein Abbild von Soundgarden. Vor allem der Sänger erschien mit voluminös-tenoriger Stimme wie eine Art Chris Cornell II. Trotzdem überzeugten die Semi-Epigonen durchaus – und das nicht nur als wohlschmeckende Fliegen, die der Teufel in der Not frißt, weil die Grunge-Großväter aus Seattle vor kurzem in den Rock-Ruhestand getreten sind.
Christian Schuldt
Morgen vormittag: Truls Moerk.Wenn am Sonntagmorgen das NDR-Orchester auf der Bühne der Musikhalle Platz genommen hat und die übliche Stille eingetreten sein wird, wird nicht nur der designierte NDR-Chefdirigent Christoph Eschenbach durchs Orchester nach vorn gehen und sich verbeugen, sondern mit ihm ein spärlich behaupthaarter jüngerer Mensch mit einem Cello in der Rechten. Dies wird der 1961 in Bergen an der felsigen Westküste Norwegens geborene Truls Moerk sein, ein bescheidener, leiser Mensch, der nichtsdestotrotz, wenn es sein muß, sehr laut spielen kann. Am Anfang seiner Karriere war er der erste Nichtrusse, der einen Preis beim Moskauer Tschaikowsky-Wettbewerb in der Sparte Cello mit nach Hause nahm. In der Folge spielte er sich bis aufs Podium der Berliner Philharmoniker. Er arbeitet bevorzugt mit den Osloer Philharmonikern, liebt es aber auch, als Kammermusiker durch die Welt zu reisen. Truls Moerk gehört heute zu den weltbesten seines Instruments. Sein weicher, intensiver, sorgfältig inszenierter, voller Ton ist Hörgenuß pur. Er wird Dvoraks Cellokonzert spielen, ein Werk, das insbesondere Moerks Fähigkeit zu weiten, durchgeatmeten Bögen entgegenkommt. Im zweiten Teil des Konzerts wird das Orchester Strawinskys „Sacre du printemps“spielen.
Stefan Siegert
morgen, 11 Uhr und Montag, 20 Uhr, Musikhalle
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