piwik no script img

■ SoundcheckSon Volt / Knorkator

Gehört: Son Volt. Die Dramaturgie ist die einer Schülerband: Ein paar mittelschnelle Kracher zum Aufwärmen, ein akustisch unterfütterter Mittelteil zum Verweilen, noch ein paar Kracher für den großen Abgang. Das Schöne ist nur: Dramaturgie wird Nebensache, wenn Jay Farrar seinen Mund in die Nähe eines Mikros bringt und singt. Jeff Tweedy, sein Ex-Antipode bei Uncle Tupelo, mag der gewieftere Komponist sein, der seinem Traum von Pet Sounds als Roots-Version auch in entlegene Gefilde folgt. Farrar indes zwingt alles ins Zentrum, hin zu dieser dunklen, leicht gepreßten Stimme, die alles Sehnen und Bangen in einem Sound verdichtet, durch den Erinnerungsfetzen essentieller Americana hallen, der aber in sich schon wieder Erinnerung ist – festgezurrt in einem magischen Raum jenseits der Zeit. Farrar, ein Meister in Ökonomie wie Reduktion, verschenkt seine grandiosen Melodien nicht leichtfertig, er zelebriert jede Nuance auf den Punkt hin. Große Dramaturgie im kleinen, für die jede winzige Pause so wichtig ist wie das, was folgt.

„Day by day disappears“, singt Farrar, während die lap steel heult wie ein liebeskranker Coyote hinter den sieben Bergen. Vergänglichkeit, Verfall, Verlust hängen wie Blei in der Luft dieser Asphaltprärie, doch zuweilen öffnet sich der Horizont auch, und der Wind verspricht Trost. Son Volt: Das ist große, amerikanische Songkunst auf der Höhe der Zeit, jederzeit. Was schon immer und für immer heißt: ewig. Amen.

Jörg Feyer

Heute abend: Knorkator. Unter Absingen haarsträubend obszöner Lieder werden drei Berliner einen Fernseher zertrümmern, ein tätowiertes Männchen wird „Geschlechtsverkeeehr!“ brüllen, sich mit Kunst-Scheiße beschmieren und sich die Klamotten vom Leib reißen. Musik: „Industrial“, 21.30 Uhr, Grünspan

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen