■ Soundcheck: Ruben Blades / John McLaughlin
Gehört: Ruben Blades. Wenn eine Salsa sich anhört, als sei sie ein stilistischer Selbstgänger, ist sie gut. Ruben Blades zeigte auf seinem WestPort-Konzert am Dienstag abend, wie die vielleicht beste aller musikalischen Endlosschleifen funktioniert, wie sich dieses ausbalancierte Frage-und-Antwort-Spiel aus Choral und Gegenchoral wie ein Jingles-Meer aneinanderreihen und die Worte kreisen läßt. Bis irgendwann das Ende naht. Wann das ist, das bestimmen einzig und allein Arrangeure wie Blades.
Der Ray-Baretto-Schüler inszeniert seine berühmten Geschichten aus „El Barrio“, jenem Teil von Harlem, in dem die meisten der Auswanderer aus Puerto Rico leben, nicht als rauhes Streetlife-Szenario, sondern als mondänen Tanzpalast. Waren da jetzt 15, 20 oder gar 25 Mitmusiker hintereinander aufgereiht? Egal, das war Big Band on latin – aber leider nur vor halbvollem Zelt. Lag wohl an der unerträglichen Schwüle der Nachtluft. Verpaßt haben die Ferngebliebenen auf jeden Fall eine Menge.
Ruben Blades live bedeutet aber auch einen dicken Karton Kitsch und waghalsige Gitarrenduelle (Baß versus E-Gitare) – fast so, als stünde der neue Miami-Vice-Soundtrack auf dem Plan. Hielt sich aber in Grenzen. Schön auch, daß der Meister sämtliche Ansagen dank einer sympathischen Konsequenz auf Spanisch machte, was einige mit einem „wird schon stimmen“ durchgehen lassen mußten. Als wohl schönster Moment des Abends darf die betont stimmlastige Reminiszenz an den derzeit so geschätzten Son aus Kuba verbucht werden, bei dem Blades seinem sonst eher flachen Volumen mindestens drei Kilometer Tiefe und eine immense Eleganz verlieh. Ibrahim Ferrer hätte das nicht besser hinbekommen, nur damit Sie's wissen.
Oliver Rohlf
Heute abend: John McLaughlin. Da kann eine Komposition schon mal gut eine Stunde lang sein. Wenn der graumelierte Engländer zusammen mit seinen spirituell trainierten Freunden Zackir Hussain, Selva Vinayakram und Srinivasa in den Noten schwelgt, ist Eile fehl am Platz. Mit dem jüngst reformierten Projekt Shakti führte John McLaughlin Anfang der Siebziger neue Dimensionen von Zeit und Raum in den Jazz ein. Bleibt zu hoffen, daß es heute zu mehr kommt, als der technischen und leblosen Rekonstruktion historischer Ereignisse. cbu
20 Uhr, WestPort-Zelt vor den Deichtorhallen
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