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Soundcheck

Gehört: Eliades Ochoa y Cuarteto Patria. Gleich zu Beginn erläuterte der Mann mit dem schwarzen Cowboyhut dem Pub-likum mit ernsten Worten seine Mission: Es ginge an diesem Abend um nichts Geringeres als die música tradicional cubana, die kubanische Volksmusik also. Eliades Ochoa präzisierte dieses Genre sofort, als er das erste Lied anstimmte, nämlich einen Son aus seinem Album Sublime Ilusión.

Leider bewahrheitete sich die Ankündigung nicht, dass der Musiker live besser ist als so manches hochprozentige Getränk aus Kuba – zumindest galt das für die erste Hälfte des Konzerts. Der grauenhafte, weil breiige Sound in der Fabrik ließ die Gehörnerven nach der CD-Fassung lechzen. Aber spätestens bei Chan Chan hatte der Mann am Mischpult die richtigen Knöpfe gefunden, und die Musik war für die Ohren wieder trinkbar.

Auffällig war die Art und Weise, wie die Musiker die traditionelle Musik aus dem Osten Kubas in den Vordergrund stellten. Keine Posen, keine Faxen. Eliades Ochoa präsentierte sich als ein Frontmann, der seine Gitarrensoli sparsam, dafür umso effektvoller einsetzte. Dass der 54jährige seit 20 Jahren mit dem Cuarteto Patria zusammenspielt, war den Guarachas, Sons und Guajiras anzumerken – jeder Ton, jede Triole und jeder Break war genau getimt.

Erstaunlich, wie die musikalischen Bemühungen der Band das Publikum dazu animierten, sich kollektiv einem tänzerischen Wippen hinzugeben. Schuld hatte natürlich die Percussonfraktion, die die komplexen Rhythmen für die kubanischen Canciones beisteuerte.

Besonders der Trommler musste Schwerstarbeit verrichten: Gleichzeitig bediente er die Congas, spielte mit Stick zweitaktige Figuren auf der Glocke und bearbeitete die Bongó, der er zwischen seinen Beinen eingeklemmt hielt. Der Maracas-Spieler nebenan hatte auf den ersten Blick einen leichteren Job. Aber ohne seine triolischen Figuren, die er mit seinen Instrumenten in den Raum stellte, wären Stücke wie „El Cuarto de Tula“ oder „Pintate los labios Maria“ nicht denkbar. Gleiches galt für die Clave, die der Trompeter mit den Klanghölzern spielte, wenn er gerade mal nicht mit seinem Blasinstrument Druck machte.

Auch wenn Eliades Ochoa die schwül-stickige Atmosphäre in der Fabrik als kubanische Wärme anpries, der Gitarrist musste am Ende der Hitze seinen Tribut zollen. Er lüftete tatsächlich seinen Cowboyhut, bedankte sich beim Publikum mit einem artigen „Gracias a la familia grande“ und versprach, bald wieder zu kommen.

Sven Tietgen

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