Sonntaz-Gespräch mit einer frommen Frau: "Wir wollten es wild und rau"
Die Ordensschwester Lea Ackermann kritisiert den Papst, rettet Prostituierte, lebt mit einem Priester in zölibatärer Gemeinschaft und ist Pflegemutter. Wie das?
Ackermann geht nicht mit gesenktem Kopf durch die Welt. Im Gegenteil: Unerschrocken legt sie sich mit Männern an. Mit Politikern, die Regelungen verabschieden, die Ungerechtigkeit schaffen, anstatt sie abzuschaffen. Mit Tourismusministern und mit Freiern. Und mit Kirchenoberen, die nicht bereit sind, sich der modernen Gesellschaft zu öffnen. "An dem Tag, als der Papst gewählt wurde, war ich in einer Livetalkshow", sagt sie im sonntaz-Gespräch über Ratzinger. "Da sagte der Moderator zu mir: Wir sind Papst. Schwester Lea, was sagen Sie dazu? Und ich antwortete: Das ist eine Katastrophe."
Vor einem halben Jahrhundert ist die Saarländerin in den Orden der Missionsschwestern Unserer Lieben Frau von Afrika, die auch als "Weiße Schwestern" bekannt sind, eingetreten. Sie wollte nach Afrika. Vom Herzen her ist sie eine fromme Abenteurerin.
Zuerst ist die gelernte Bankkauffrau und studierte Pädagogin, die die Nacht vor ihrem Klostereintritt durchgetanzt hat, Lehrerin und Schulleiterin in Ruanda geworden. Als sie ein paar Jahre später nach Kenia kommt, wendet sie sich Frauen in der Prostitution zu. Denn sie hat gesehen, wie sehr Frauen - durch die Zerstörung der kulturellen und wirtschaftlichen Grundlagen – verarmen, in Not und Elend geraten und in der Folge oft Opfer sexueller Ausbeutung und auch von Menschenhandel werden.
Deshalb gründete Lea Ackermann 1985 in Mombasa eine Hilfsorganisation für Frauen in der Prostitution. Solwodi heißt sie: "Solidarity with women in Distress – Solidarität mit Frauen in Notsituationen". Solwodi baut für Frauen in der Prostitution, die aussteigen wollen oder in Not sind, alternative Erwerbs- und Ausbildungsmöglichkeiten auf. Das Missionsverständnis der eigenwilligen Nonnen wurde zu einer Mission: "Ich will und kann mir nicht erlauben, zu beurteilen, warum jemand in die Prostitution gerät. Aber ich finde es immer eine Abwertung der Frau und eigentlich auch des Mannes", sagt sie im sonntaz-Interview.
Als Lea Ackermann 1988 zurück musste nach Deutschland, da der Bischof sie in Kenia für gefährdet hielt, ob ihrer angeblich tourismusschädigenden Arbeit, veränderten sich die inhaltlichen Aufgaben. "In Kenia geht es um die direkte Hilfe für die Frauen. In Deutschland muss ich aufklären. Es gibt hier Männer, die denken, sie tun als Sextouristen was Gutes. Die betrachten das als eine Art Entwicklungshilfe. Ich will klarmachen, was es wirklich bedeutet", sagt sie. Allerdings stellte sie bald fest, dass Prostitution international organisiert ist. Frauen aus aller Welt werden an deutsche Bordelle verkauft, auch hier leben Opfer, nicht nur Täter. Heute ist Solwodi in Deutschland die größte Hilfsorganisation für Frauen, die von Frauen- und Menschenhandel betroffen sind und Lea Ackermann ist eine der bekanntesten Aktivistinnen geworden für Frauenrechte.
Den vollständige Interview und viele andere spannende Geschichten lesen Sie in der nächsten sonntaz vom 28. und 29. Mai 2011 – ab Sonnabend zusammen mit der taz an ihrem Kiosk oder am eKiosk auf taz.de. Die sonntaz kommt auch zu Ihnen nach Hause: per Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz
Das schließt übrigens eine gelebte Opposition gegen Ausgrenzung der Frauen in der katholischen Kirche mit ein. "Die Amtskirche ist ja sehr ins Zwielicht geraten durch Affären. Und ich finde sogar, die Amtskirche ist zu Recht in die Kritik geraten. Sie hat den Menschen aus dem Blick verloren und auf Selbsterhalt und Macht gesetzt", sagt sie.
Wie die Ratzinger-Kritikerin konkret festgefahrene Strukturen durchbricht, lesen Sie in der aktuellen sonntaz.
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