: Sonderkongreß der KP in Vietnam
■ Wie soll die Partei mit dem Wirtschaftswachstum umgehen? Vorsichtige Reformen, Hoffnung auf Normalisierung mit USA
Hanoi/Berlin (dpa/taz) – Vorsichtige Reformen – und die Reformen überleben – stehen auf dem Programm des Sonderparteitags der regierenden Kommunisten in Vietnams Hauptstadt Hanoi, der gestern begann. Angesichts des raschen wirtschaftlichen und sozialen Wandels in Vietnam wollte die politische Führung nicht auf den nächsten regulären Parteikongreß warten, der eigentlich erst in zwei Jahren fällig wäre. Seit gestern tagen daher in der vietnamesischen Hauptstadt die rund 650 Delegierten der Kommunistischen Partei Vietnams, um über die Folgen der wirtschaftlichen Liberalisierung wie Arbeitslosigkeit, Korruption und Kriminalität zu sprechen.
Zuvor, am Montag und Dienstag dieser Woche, hatte das oberste Führungsgremium der Partei, das Politbüro, in einer Sondersitzung vier neue Mitglieder aufgenommen. Jetzt besteht es aus 17 Personen. Die Neulinge sind Außenminister Nguyen Manh Cam, der Leiter der politischen Abteilung der Armee, General Le Kha Phieu, der Chef der Kontrollkommission der Partei, Do Quang Thang, und der Vizevorsitzende der Nationalversammlung, Nguyen Ha Phan.
Die Kommunistische Partei Vietnams wird sich nicht in „Arbeiterpartei“ zurückbenennen, wie sie vor 1976 hieß und wie es in Reformerkreisen diskutiert wurde. Auch an der alten Riege der Parteiführung wird sich voraussichtlich nichts ändern: Do Muoi bleibt Parteichef und Nummer eins der Hierarchie, Staatschef General Le Duc Anh Nummer zwei und Premier Vo Van Kiet Nummer drei. Diskutiert werden soll in den fünf Tagen der Konferenz unter anderem der politische Bericht des 76jährigen Generalsekretärs der Partei, Do Muoi, den er dem sechsten Plenum des Zentralkomitees Ende November vorgelegt hatte. Wie soll die KP mit dem rapiden Wirtschaftswachstum in Vietnam umgehen? Wie mit den „negativen sozialen Phänomenen“ und der wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich? Wie mit der unübersehbaren Korruption in der Partei? Wie mit der – absehbaren – vollständigen Aufhebung des Embargos durch die USA und den in der Folge noch stärker werdenden ausländischen Einflüssen im Lande? Was wird geschehen, wenn der Internationale Währungsfonds seine Vorstellungen über die Wirtschaftsreformen berücksichtigt sehen möchte? In den vergangenen Tagen sind aus Washington wieder neue Signale gekommen, daß die US-amerikanische Entscheidung zur Normalisierung kurz bevorstehen könnte. Der Sprecher des Außenministeriums nannte die Zusammenarbeit mit Vietnam in der Frage der vermißten US-Soldaten „ermutigend“. li
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