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Sonderbewachung für Gauweiler

Die bayerischen Sozialdemokraten drohen dem Innenstaatssekretär Peter Gauweiler mit parlamentarischem Untersuchungsausschuß / SPD spricht von „spätkindlichem Sheriff-Gehabe“  ■  Von Wolfgang Gast

Berlin (taz) - Die bayerische SPD hat die Faxen von Innenstaatssekretär Peter Gauweiler dicke. In ihrem Pressedienst kündigte der Fraktionsvorsitzende Karl-Heinz Hiersemann jetzt an, er wolle alle Möglichkeiten im Landtag ausschöpfen, um Licht in das Dunkel um die dienstlichen Anordnungen und Verhaltensweisen des Staatssekretärs Gauweiler zu bringen. Hiersemann drohte weiter, notfalls müsse ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß die Aufkärungsarbeit leisten.

Die Eskapaden des früheren Kreisverwaltungsreferenten, im parlamentarischen Jargon auch „Schwarzer Peter“ genannt, sind in der letzten Zeit wiederholt von der Boulevardpresse genüßlich ausgeschlachtet worden. Das Faß zum überlaufen brachte ein Bericht der Münchner 'tz‘. Danach hat der Staatssekretär einen dienstleitenden Beamten zu nächtlicher Stunde im Innenministerium zur Schnecke gemacht, weil ihm dieser eine Polizeistreife mit Blaulicht verweigert hatte.

Um dem Geltungsbedürfnis des Staatssekretärs Rechnung zu tragen, sicherten die Sozialdemokraten Gauweiler eine „parlamentarische Sonderbewachung“ zu. Künftig wollen sie jeden einzelnen Fall aufgreifen, bei dem der Innenstaatssekretär glaube, „sein spätkindliches Sheriff -Gehabe und sein wilhelminisches Pickelhauben -Staatsverständnis demonstrieren zu müssen“.

Der SPD-Abgeordnete Max von Heckel reichte inzwischen zwölf schriftliche Anfragen beim Landtag ein. Von Heckel möchte wissen, warum die bayerischen Polizeibeamten seit dem Amtsantritt von Gauweiler nun auch schon im Unterricht die Waffe tragen müssen und „ob sich das Tragen der Dienstwaffe im Unterricht schon positiv auf die Unterrichtsgestaltung ausgewirkt hat“. In einem anderen Fall, berichtet der SPD -Abgeordnete, seien im Anschluß an eine Tagung der europäischen Innenminister die Teilnehmer mit dem Dienstwagen über die gesperrte Terrasse des Andechser Biergartens vorgefahren. Mißfallensäußerungen anderer Biergartenbesucher sollen dann mit polizeilichen Zwangsmaßnahmen unterdrückt worden sein.

Die Auflistung Gauweilerscher Eskapaden ist damit längst nicht beendet. Der als „VIP-Schorsch“ bekannte Münchner Flughafenpolizist, seit 20 Jahren für die Betreuung prominenter Personen zuständig, war dem Staatssekretär offenbar nicht gut genug. Nach seiner Ernennung zum Staatssekretär soll Gauweiler einen Beamten in gehobener Stellung zu seiner Begleitung verlangt haben. Die Nachbarn Gauweilers in Berg am Starnberger See beschweren sich über den Fluglärm, den der Staatssekretär verursacht, weil er sich häufig mit dem Hubschrauber abholen läßt.

Der 39jährige ledige CSU-Politiker selbst nahm Anstoß am Outfit einiger ihm unterstellter Beamten. „Ist es richtig, daß Polizeilotsen ins Innenministerium zitiert wurden“, fragt von Heckel, und die herbeigerufenen Beamten von Gauweiler mit einen allgemeinen Appell zur Sauberkeit gemaßregelt wurden, weil eine „Identifizierung des oder der Struwwelpeter“ nicht möglich war.

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