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„So'n richtiges Flintenweib“

■ Arbeitstagung informiert über Lage von Ingenieursstudentinnen

„Als ich vor 10 Jahren in der Hochschule für Technik angefangen habe, war ich hier die einzige Professorin“, erinnert sich Renate Meyer-Braun. Sie ist Historikerin und lehrt an der Hochschule Bremen (Fachbereich 1) Sozialgeschichte mit Schwerpunkt „Technische Intelligenz“. Damals empfand sie die Situation als „ziemlich unnatürlich“ und versuchte sich durch forsches Auftreten gegenüber den Kollegen durchzusetzen. Die reagierten mit Sprüchen: „Renate, du bist ja so'n richtiges Flintenweib.“ Bis heute hat sich nichts an ihrem Exotinnendasein geändert.

Auch in anderen Bundesländern ist der Frauenanteil in technischen Hochschulen extrem gering. Das betrifft sowohl Professorinnenstellen (ein Prozent), als auch die Anzahl der Studierenden. So waren 1988 an den Fachhochschulen der BRD in Maschinenbau und Elektrotechnik von den 4732 bzw. 6.335 AbsolventInnen nur 2 Prozent Frauen.

Nicht viel besser sieht es heute in Bremen aus: Lediglich 1,2 Prozent der Studenten im Fachbereich Schiffbau sind Frauen. Beim Maschinenbau liegt der Frauenanteil bei 3,5, in der Elektrotechnik bei 1,7 Prozent. Tiefpunkte in den ingenieurswissenschaftlichen Studiengängen sind Architektur mit 34,3 Prozent Studentinnen und Bauingenieurwesen mit 14 Prozent.

Um auf die bestehenden Probleme für Frauen in technischen Studiengängen hinzuweisen und gleichzeitig Wege aus dem Dilemma zu zeigen, findet vom 21. bis 24 November in der Hochschule Bremen die Arbeitstagung „Ingenieurstudentinnen“ statt. Mehr als 100 Teilnehmerinnen aus dem ganzen Bundesgebiet werden teilnehmen. Dabei sollen vor allem Lehrveranstaltungen zum Thema „Frauen und Technik“ und frauenorientierte Arbeit an den verschiedenen Hochschulen vorgestellt sowie über feministische Wissenschaftinhalte in der Ausbildung diskutiert werden.

Die fallen, so die wenigen Studentinnen, meist völlig unter den Tisch. Kein Wunder bei den Mehrheitsverhältnissen. „Oft sitzt unter 60 Studenten nur eine Frau im Hörsaal“, erzählt die Architekturstudentin Monika Heuß. Diskriminierende Sprüche, wie „auf der möchte ich nicht festgebunden sein“, gehören zu ihrem Studienalltag. „Bei vielen Studentinnen besteht leider die Tendenz, darüber hinwegzusehen“, sagt sie. „Aber ich finde das als Lebenserfahrung und Perspektive für meine spätere Berufssituation ziemlich hart.“ Themen wie Mensch, Technik, Frauenfragen würden weitgehend ausgeklammert.

Weiterer Themenschwerpunkt ist die berufliche Situation und Organisierung von Ingenieurinnen. In Referaten soll dargestellt werden, welche frauenspezifischen Netzwerke und Organisationen von Frauen im Ingenieurinnen-Beruf bislang initiert wurden. Außerdem wollen die Veranstalterinnen einen „Kulturvergleich“ wagen. Untersucht werden sollen gesellschaftliche Rahmenbedingungen und Rollenbilder in Griechenland, BRD und ehemaliger DDR, die Frauen daran hindern, ein technisches Studium aufzunehmen. bz

Do.+Fr. 9-18 Uhr, Sa. 8.15-13 Uhr in der Hochschule, Langemarckstraße. Kurzhinweise täglich in „bremen heute“ in der taz.

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