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Archiv-Artikel

Somalis protestieren gegen Äthiopien

Tote bei Demonstrationen in Mogadischu und Belet Huen. Bedrängte Übergangsregierung verschiebt geplante Entwaffnung von Milizen. Regierung meldet endgültigen Sieg über versprengte Islamisten im Süden Somalias und lehnt Dialog weiter ab

VON DOMINIC JOHNSON

In Somalia mehren sich Proteste gegen die Anwesenheit der Armee Äthiopiens. Mehrere hundert Menschen demonstrierten am Samstag in der Hauptstadt Mogadischu. Sie errichteten Straßensperren aus brennenden Reifen und riefen antiäthiopische Parolen. Drei Menschen starben, als somalische und äthiopische Truppen das Feuer auf die Demonstranten eröffneten. „Sie trafen ihn im Rücken, und die Kugel durchbohrte sein Herz“, sagte der Vater des 13-jährigen Opfers Abdu Fatah Omar.

Auch in der Stadt Belet Huen nahe der äthiopischen Grenze kam es zu Protesten. Dort war am Freitag der Vorsitzende der lokalen Islamischen Gerichte festgenommen worden. Als die Provinzbehörden sich weigerten, ihn an Äthiopien zu überstellen, wurde am Samstag Provinzchef Muktar Hussein Afrah von äthiopischen Soldaten verhaftet. Zahlreiche Menschen folgten daraufhin einem Aufruf der lokalen Clanältesten zu Massendemonstrationen gegen Äthiopien. Einer wurde erschossen.

Äthiopiens Armee hatte zwischen Weihnachten und Neujahr zur Unterstützung der schwachen somalischen Übergangsregierung Zentral- und Südsomalia erobert und die seit einem halben Jahr dort herrschenden Milizen lokaler islamischer Gerichte vertrieben. Die Sicherheitslage der Bevölkerung hat sich dadurch stark verschlechtert. Bewaffnete Milizen lokaler Warlords haben in zahlreichen Gebieten die Macht übernommen; die Islamisten hatten diesem Phänomen vorübergehend ein Ende gesetzt. Mehrere stattbekannte Warlords, die im Juni vor den Islamischen Gerichten geflohen waren, sind seit dem äthiopischen Einmarsch nach Mogadischu zurückgekehrt.

Die Übergangsregierung ist da machtlos. Nachdem ein Ultimatum von Premier Mohammed Gedi an die Bevölkerung Mogadischus, binnen drei Tagen ihre Waffen abzugeben, am Donnerstag ergebnislos verstrich, verkündete Gedi am Samstag den Aufschub der geplanten Entwaffnung auf unbestimmte Zeit. Dies folgte auf eine entsprechende Forderung des mächtigen Hawiye-Clans in Mogadischu, der die Islamisten unterstützt hatte. Gedi ist selbst Hawiye und wird daher von den Ältesten des Clans als Abtrünniger abgelehnt.

Dass die Regierung nach wie vor keinen Dialog mit ihren geschlagenen Gegnern will, machte die Festnahme von mindestens vier Abgeordneten des somalischen Übergangsparlaments in Nairobi deutlich. Sie wurden am Freitag in einem Hotel der kenianischen Hauptstadt verhaftet, wo sie sich zum Dialog mit somalischen Islamisten aufgehalten hatten. Die Übergangsregierung hat eine Liste von 26 ihrer eigenen Parlamentarier erstellt, die deswegen festgenommen werden sollen. Die anderen sind in Nairobi untergetaucht.

Ein somalischer Regierungskommandeur sagte gestern, zusammen mit Äthiopiens Armee habe man die Islamisten aus ihren letzten Hochburgen vertrieben – den unwegsamen Regenwäldern von Ras Kamboni im somalischen Grenzgebiet zu Kenia. In dem Gebiet sollen auch US-Spezialkräfte im Einsatz sein.