■ Nachgefragt: „Solidarpakt“ nur für Neueinstellungen
Durch einen „Solidarpakt“ sollen Personalkosten im Öffentlichen Dienst gespart werden, so will es die große Koalition: Arbeitszeitverkürzung mit Lohnverzicht. Eigentlich sollte das im vergangenen Herbst ausgehandelt werden mit den Gewerkschaften ÖTV und GEW. Es kamen aber nur informelle politische Vorgespräche zustande, aus denen Verwirrendes nach außen drang. An dem letzten Gespräch mit Staatsrat Beermann (Senatskommission für das Personalwesen) nahm die ÖTV schon nicht mehr teil (vgl. taz 19.12.). Wir fragten den GEW-Sprecher Heiko Gosch, wie es weitergeht mit dem Solidarpakt.
taz: Die GEW hat von ihren Delegierten einen klaren Verhandlungsrahmen für den Solidarpakt mitbekommen. Hat der Senat reagiert darauf ?
Heiko Gosch, GEW: Darüber kann man noch keine Aussage machen. Die GEW hat von ihrem Gewerkschaftstag den Auftrag, in politischen Gesprächen vor Verhandlungen erst einmal die Rahmenbedingungen zu klären. Dazu gehört der Kooperationsvertrag zwischen GEW und Bildungsbehörde, der die Arbeitszeit festschreibt und Zusagen für Neueinstellungen macht. Wir haben in dem letzten Gespräch vor Weihnachten unsere Position vorgetragen...
Gab es eine Antwort?
Der Staatsrat Hoffmann hat das zur Kenntnis genommen und erklärt, daß auch er sich bemühen werde, daß diese Zusagen eingelöst werden können.
Verhandlungspartner wird aber nicht Hoffmann (SPD), sondern Nölles Staatsrat Beermann von der CDU sein.
Das muß die Arbeitgeberseite klären, wer Verhandlungspartner sein soll. Für den Kommunalen Arbeitgeberverband, der die gewerblichen Arbeitnehmer vertritt, soll Beermann verhandeln. Die Angestellten fallen unter den Tarifbereich der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder (TdL). Ich habe nicht den Eindruck, daß bereits entschieden ist, wer für die verhandeln soll.
Finanzsenator Nölle hatte 1995 erklärt, bis Ende des Jahres sollte es einen „Solidarpakt“ geben, weil im Etat 1996 kein Pfennig für Lohnerhöhungen eingeplant sei.
Das waren sicherlich Vorstellungen der Arbeitgeberseite.
Gibt es denn einen Termin für Verhandlungen?
Bisher gibt es nur Vorgespräche, keine Verhandlungen. Bisher ist ja noch nicht einmal endgültig geklärt, was denn eigentlich der Verhandlungsrahmen sein soll für die Arbeitgeber. Der Senat vermittelt nicht das Bild eines einheitlichen Vorgehens.
Der laufende Tarifvertrag endet im April. Dann gibt es Tarifverhandlungen auf Bundesebene zwischen ÖTV, GEW und der Tarifgemeinschaft deutscher Länder.
Das ist der nächste Schritt. Auf Bundesebene wird es Tarifverhandlungen zur Einkommenserhöhung geben.
Wenn die Tarifpartner sich auf Bundesebene auf Lohnerhöhungen verständigen, dann gilt das für Bremen auch?
Grundsätzlich ja.
Ist für die GEW vorstellbar, daß für Bremen eine Nullrunde erklärt wird?
Nein. Auf gar keinen Fall. Wenn die Tarifrunde 1996 entschieden ist und das Volumen der Einkommenszuwächse feststeht, dann können in Bremen unter den genannten Rahmenbedingungen Verhandlungen darüber anlaufen, wieweit in Bremen dieses Volumen der Einkommenszuwächse voll oder anteilig umgewandelt wird in Freizeit.
... bei Lohnverzicht.
Ja. Die eingesparten Mittel müssen für die Wiederbesetzung freiwerdender Stellen eingesetzt werden. Uns geht es um den Beschäftigungseffekt .
Das wird im Sommer akut.
Ja. Im Schulbereich werden Stellen zum Schuljahresende frei. Die sollen wiederbesetzt werden, das ist für die GEW eine zentrale Forderung. Wir wollen einen Beitrag zur Beschäftigungssicherung leisten.
Der Finanzsenator Nölle will Geld sparen, er will die Personalkosten senken .
Dafür sind wir nicht zuständig. Das ist überhaupt nicht unsere Maxime. Wir wollen einen Beitrag leisten dazu, daß Referendare und Arbeitslose eine Anstellung finden. Wir wollen solidarisch sein mit Schwächeren, mit denen, die keinen Arbeitsplatz haben. Int.: K.W.
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