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bewegungSolidarität und Selbstreflexion

Bei einer Großkundgebung wird gegen Israels Vorgehen in Gaza protestiert. Beim „profeministischen Kongress“ diskutieren Männer über das Patriarchat

De­mons­tran­t*in­nen fordern, die Waffen niederzulegen Foto: Nikos Kanistras/dpa

Mindestens Zehntausende Tote, Hunderttausende Vertriebene, eine systematische Zerstörung von Infrastruktur und Lebensgrundlagen: Israels Vorgehen in Gaza ist ein Verbrechen historischen Ausmaßes – mit deutscher Unterstützung. Zeit, die Bundesregierung aufzufordern, ihre Haltung und Praxis anzupassen.

Unter dem Motto „All Eyes on Gaza – Stoppt den Genozid!“ findet am Samstag auf der Reichstagswiese eine Großkundgebung statt. Aufgerufen hat ein Bündnis der Palästinensischen Gemeinde Deutschland, der Aktivistengruppe eye4palestine und der NGOs Amnesty International und medico international. Es reden Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen sowie der jüdische Deutsche Michael Barenboim und die Israelin Ella Greenberg, die in Israel den Wehrdienst verweigert hat. Es treten zudem K.I.Z und die Rap­pe­r*in­nen Pashanim und Ebow auf. Die Veranstalter rechnen mit mehr als 50.000 Teilnehmer*innen. Die Linkspartei wird eine eigene Protestkundgebung in Mitte geben (27. 9., Reichstagswiese, ab 17 Uhr).

Die Spaltung innerhalb der propalästinensischen Bewegung wird am Samstag deutlich: Am Moritzplatz rufen weitere Gruppen zu einer Demo für Gaza auf. Unter dem Motto „United for liberation, fight normalization“ werfen sie NGOs vor, im Schulterschluss mit ihren Geldgebern Bewegungen zu entpolitisieren und zu schwächen, die nicht im Sinne der Regierungen handelten. „Palästinensisches Blut ist kein Fundraising-Instrument für deutsche NGOs und keine Kulisse für Prominente“, heißt es im Aufruf. „Unser Widerstand ist keine Ästhetik – er ist eine Bewegung für Gerechtigkeit und Befreiung ohne Kompromisse.“ (27. 9., Moritzplatz, 14 Uhr)

Kompromisslos sind inzwischen auch FLINTA*. Antifeministische, ignorante Männer? Kein Bock. Und wo sind die Cis-Männer, die diese Zustände beenden wollen? In den Mehringhöfen in Kreuzberg. Von Freitag bis Sonntag diskutieren sie dort beim „profeministische Kongress“ über Feminismus und Männlichkeit. Es soll weder ein Wettbewerb im progressiven Auftreten noch ein „Befindlichkeitskongress“ werden. Sie wollen praktische Wege finden, um Verantwortung zu übernehmen, so die Veranstalter. Der Kongress richtet sich an all die Männer mit „antisexistischem Anspruch und all diejenigen, die mit patriarchalen Anforderungen und Praxen hadern“. Und was ist mit denjenigen, die ihre Privilegien um jeden Preis verteidigen? Die wird man nicht erreichen, räumen die Veranstalter ein. Schade – der Kongress bleibt damit wohl in einer elitären linken Blase. Begriffe wie „profeministische Praxis“ stoßen bei Andrew Tate Fans eben meist nicht auf Begeisterung (26. 9 bis 28. 9., Mehringhöfe).

Zielscheibe dieser vermeintlich „harten Männer“ à la Tate sind häufig Queere. Wie stark reaktionäre Männlichkeitsbilder mit rechten Einstellungen verbunden sind, zeigen die wiederholten Angriffe auf CSDs. Um den CSD in Oranienburg am Samstag vor Nazi-Übergriffen zu verteidigen, rufen antifaschistische Gruppen zur gemeinsamen Anreise nach auf. Der genaue Treffpunkt wird auf Anfrage bekannt gegeben (Instagram: @csd­verteidigen). Lilly Schröder

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