Solidarische Medien: Studio für nachhaltige Klänge
Ein ökologisch gebautes Ton-und Grafikstudio in Bremen soll Medien für jeden bezahlbar machen. Vorbild ist die solidarische Landwirtschaft
„Du entscheidest unseren Stundensatz! Wir geben lediglich eine Empfehlung ab“, erklärt Holling daher in ihrem Crowdfunding-Video. Denn das Projekt soll durch Spenden finanziert werden. Die Kampagne auf der Plattform Stepnext läuft noch bis Mitte November, 15.000 Euro sollen zusammenkommen.
Das Grundgerüst des 40 Quadratmeter großen Tonstudios steht bereits. Im Ringelpulli steht Klann zwischen den Sperrholzwänden und erklärt im Werbevideo das Projekt, während die Kamera in den vier Meter hohen Raum im Künstlerhaus Use Akschen 91 schwenkt. Die MacherInnen wirken tatkräftig. So wollen sie mindestens den Studioraum fertig bauen, auch wenn weniger zusammenkommt.
In der „Klangstube“ soll dann die Produktion und Bearbeitung von Audioaufnahmen, die Gestaltung von Print- und Onlinemedien sowie Fotografie angeboten werden. Klann spielt nebenbei Bassgitarre und singt, Holling ist Schlagzeugerin, deshalb wollen sie MusikerInnen auch bei der Vorproduktion unterstützen, wenn es mal Startschwierigkeiten gibt.
Budget in den Hintergrund rücken
Das solidarische Prinzip soll dabei der Kreativität mehr Raum geben und das Budget in den Hintergrund rücken lassen. So soll auch guten Bands ohne ausreichender Finanzierung ein Studio und Marketinginstrumente zur Verfügung stehen, sagt Holling.
Konkret würde ein Mindestlohn von 20 Euro pro Stunde die laufenden Kosten decken, die Empfehlung der GründerInnen liegt bei 30–40 Euro. Wer mehr zahlt, ermögliche dadurch andere spannende Projekte, heißt es auf ihrer Internetseite. Dort steht auch, wie genau sich der Stundensatz zusammensetzt, das soll Transparenz schaffen.
Erfahrung mit Tonaufnahmen haben Klenn und Holling schon mit einem provisorischen Studio im selben Gebäude gesammelt. Zu Beginn hätten sie nach einem Konzert die Band einfach angesprochen und mit privatem Equipment eine Aufnahme gemacht, auf Spendenbasis.
Die Band war zufrieden, das sprach sich rum. So entstand der Kontakt zum Bremer Instrumentenbauer Suso Custom Drums, der mit seinem Projekt Achromatic Percussion ebenfalls ihr Angebot nutzte. Doch die Aufnahmequalität reichte bald nicht mehr aus, der Raum bot zu wenig Kapazitäten. Die GründerInnen suchten deshalb nach einem neuen Konzept.
Vorbild auf dem Acker
Ein Vorbild fanden sie in der „solidarischen Landwirtschaft“. 102 Agrargemeinschaften gibt es in Deutschland schon. In einer sind Klenn und Holling Mitglied, im Werbevideo sieht man ihn mit glücklichen Schweinen spielen. In den sogenannten „So-La-Wis“ tragen mehrere private Haushalte durch einen regelmäßigen Beitrag die Kosten eines landwirtschaftlichen Betriebs und geben den ErzeugerInnen eine Abnahmegarantie. Im Gegenzug erhalten die KonsumentInnen einen Teil des Ernteertrags. Landwirte sind so unabhängig vom Preisdruck des Marktes, KonsumentInnen haben einen direkten Einblick in die Produktion.
Die „Klangstube“ hat sich davon den solidarischen Preis und den die Netzwerk-Idee abgeschaut, um kleinere Bands zu unterstützten. Und auch sie wollen unabhängig vom Marktdruck sein, sagt Holling. „Wir versuchen generell, alles nachhaltig zu machen, damit niemand Schaden nimmt und künftige Generationen die gleichen Möglichkeiten haben, wie wir“, meint Holling.
Deshalb verwenden sie Lehmplatten für ein ausgeglichenes Raumklima und Holzfaserstoff für die Dämmung, statt der üblichen Steinwolle. Dass sei gesundheitlich unbedenklich und entspreche den Brandschutzverordnungen. Außerdem wünschen sich die jungen UnternehmerInnen, mit der „Klangstube“ möglichst viele Jahre zu bestehen, so steht es auf ihrer Internetseite. Auch das zeigt die konzeptionelle Nachhaltigkeit.
Damit sind die GründerInnen Teil einer innovativen Denkschule, die solidarisch-nachhaltiges Wirtschaften zusammenbringt, Netzwerke nutzt und bereits laufende Projekte – wie die solidarische Landwirtschaft – auf andere Unternehmungen überträgt. Bisher habe es viele positive Resonanzen gegeben, meint Holling. Nun müsse die „Crowd“ entscheiden, ob das Projekt sinnvoll ist.
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