: Soldaten und ihr Gewissen
■ betr.: Es ging nicht um Genugtuung (Urteile im ersten Mauerprozeß) u.a., taz vom 21.1.92
betr.: Es ging nicht um Genugtuung (Urteile im ersten Mauerprozeß) u.a., taz vom 21.1.92
Richter Seidel wirft den Verurteilten vor, nicht über den Staat nachgedacht zu haben und ihr Gewissen abgestellt zu haben. Auf den ersten Blick gute, ehrenwerte Gründe. Doch kann irgendein Staat, irgendein Militär auf Gottes weiter Erde Soldaten brauchen, die ihrem Gewissen eher gehorchen als ihren Vorgesetzten?
Mitnichten, denn solche Soldaten sind eher potentielle Drückeberger oder Deserteure als potentielle Mörder. Diese uralte Erfahrung mußten kürzlich wieder einige Soldaten des Darmstädter Signals machen (ein Major wurde zum Oberleutnant degradiert), als sie ihr Gewissen öffentlich bekundeten.
Richter Seidel hat seine moralischen Vorwürfe wohlweislich ja auch nur gegen Soldaten des verflossenen Gegners erhoben. Er wird sich hüten, an das Gewissen der Bundeswehrsoldaten zu appellieren. Wo bleibt da der Artikel 3 unseres Grundgesetzes (Gleichheit vor dem Gesetz)? Dr.Arnold Bauer,
Garmisch-Partenkirchen
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