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Solarstrom für Mie­tshäuserChance für eine soziale Energiewende

Anja Krüger

Kommentar von

Anja Krüger

Technisch ist Solarstrom für Mietshäuser möglich, doch der politische Wille fehlt. Man sollte sich daher von der Bürokratie nicht abschrecken lassen.

Mie­te­r:in­nen sind vom kostengünstigen Solarstrom bisher abgeschnitten Foto: Reuters

D ie Energiewende ist in Verruf geraten. Diverse Kampagnen von rechts und der fossilen Lobby haben dafür gesorgt, dass viele Menschen den Ausstieg aus den fossilen Energien sehr viel kritischer sehen als unmittelbar nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine und der daraufhin einsetzenden Preisexplosion bei Gas und Strom.

Aber eines ist geblieben: der Wunsch vieler, Solarstrom zu beziehen, sehr gerne auf dem eigenen Dach produziert. Photovoltaik, die ökologischste und klimafreundlichste Form der Stromerzeugung, ist ungebrochen populär. Viele Ei­gen­tü­me­r:in­nen von Ein- oder Zweifamilienhäusern haben deshalb bereits eine Anlage auf dem Dach.

Für Mie­te­r:in­nen ist die Sache bislang schwierig, dabei würden viele gerne ebenfalls hausgemachten Strom verbrauchen. Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigt, dass das für mehr als 20 Millionen Mietwohnungen technisch möglich ist. Und, ganz wichtig: dass sich das für Vermietende und Mietende wirtschaftlich lohnen würde, etwa weil Abgaben wegfallen.

Doch der Mie­te­r:in­nen­strom kommt nicht voran. Obwohl die Ampel einiges verbessert hat, gibt es noch immer zu viele bürokratische Hürden. Politik und Energiewirtschaft müssen viel mehr tun, um sie abzuräumen. Aber leider ist das nicht zu erwarten. Denn es gibt beim Mie­te­r:in­nen­strom auch eine Verliererin: die fossile Wirtschaft. Und der fühlen sich Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche und etliche Ak­teur:in­nen der Energiebranche mehr verpflichtet als dem Einsatz gegen die Klimakrise oder für günstige Preise.

Trotzdem kann Mie­te­r:in­nen­strom eine Chance sein – nicht nur, wenn Ei­gen­tü­me­r:in­nen und Mie­tende bereit sind, es mit der Bürokratie aufzunehmen. Länder und Kommunen sollten eigene Programme auflegen, um den Mie­te­r:in­nen­strom zu einem Standardmodell zu machen. Denn das ist eine wirksame Maßnahme, um die Kosten der Energiewende abzufedern und sie sozial verträglich zu gestalten. Das ist die Voraussetzung dafür, dass die Ablösung vom Fossilen auf eine breite Akzeptanz stößt.

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Anja Krüger
Parlamentskorrespondentin
Schwerpunkte Wirtschaft- und Energiepolitik
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2 Kommentare

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  • Hamburgs Dächer: Schlüssel für bezahlbare Energiewende

    Auf den Dächern von Mehrfamilienhäusern liegt ein großes, bisher ungenutztes Potenzial für Solarenergie. Millionen Wohnungen könnten schon heute mit lokal erzeugtem Strom aus dem eigenen Gebäude versorgt werden – sauber, günstiger und klimafreundlich. Doch bürokratische Hürden, uneinheitliche Mess- und Abrechnungsstandards sowie fehlende Anreize bremsen den Ausbau.

    „Fairer Wohnstrom“ (www.cleanthinking....twerke-mieterstrom



    ) zeigt, wie es geht: Solarstrom aus dem eigenen Gebäude, kombiniert mit fairen, transparenten Vertragsmodellen und warmmietenneutralen Sanierungen. So profitieren Mieter:innen von stabilen Energiekosten ohne Mehrbelastung, Eigentümer:innen von nachhaltiger Wertsteigerung – ohne soziale Verdrängung.

    Der Hamburger Zukunftsentscheid verdeutlicht den Wunsch nach mehr Tempo beim Klimaschutz. Um die dort gesetzten Ziele zu erreichen, müssen vor allem die großen Dachflächen der Mehrfamilienhäuser genutzt werden.

    Jede ungenutzte Dachfläche ist eine vertane Chance – für Hamburg, das Klima und bezahlbaren grünen Strom.

  • Ich betreibe meine Balkonanlage (1,05 kWp) vor allem zur Gewinnung zuverlässiger eigener Meßwerte.



    Die beiden Sätze "Weil Netzgebühren und andere Abgaben entfallen, ist der Strom günstig." und "sind der Studie zufolge [...] mehr dynamische Stromtarife erforderlich" sind jeder für sich richtig. Sie passen aber schlecht zusammen.



    Obwohl ich das Netz in beide Richtungen und deutlich intensiver nutze, als Kunden ohne Erzeugung, beteilige ich mich an den Kosten kaum und lasse andere zahlen. Ich erzeuge Strom zum größten Teil dann, wenn sein Wert null oder negativ ist, und spare trotzdem dabei den vollen Festpreis. Dafür kaufe ich vor allem dann, wenn der Einkauf meinen Versorger besonders teuer kommt, und bezahle nur den rund um die Uhr gleichen Festpreis dafür. Das gibt nach dem steuerfreien Kauf eine nette Rendite. Dynamische Tarife sind klar unabdingbar, sie machen aber nicht nur mein Geschäftsmodell kaputt. Ich kann damit gut leben, aber alle, die zwar vom Klima schwadronieren in Wirklichkeit aber nur ihren Strom gern von anderen bezahlen lassen wollen, werden aufschreien.