Solarfirma schließt deutsche Standorte: Die nächste Sonnenfinsternis
Das US-Unternehmen First Solar schließt seine deutschen Standorte. Neuer Höhepunkt der Krise in der Fotovoltaikindustrie. Politiker fordern, die heimische Industrie zu stützen.
![](https://taz.de/picture/217811/14/solarmodulfirstsolardpa.jpg)
BERLIN taz | Das Solarunternehmen First Solar wird seine Produktion in Deutschland im vierten Quartal aufgeben. Wie der US-Konzern mitteilte, sind 1.200 Mitarbeiter in Frankfurt (Oder) sowie 150 in Mainz betroffen. „Wir bemühen uns, die Auswirkungen für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so weit wie möglich abzufedern“, sagte der Leiter des Werkes in Frankfurt, Burghard von Westerholt.
Mit dem Rückzug eines der größten Solarunternehmens der Welt erreicht die Krise der Fotovoltaikindustrie nicht nur in Deutschland einen neuen Höhepunkt. Weltweit leidet die Branche unter einem brutalen Konkurrenzkampf, First Solar schließt auch vier Produktionslinien in Malaysia auf unbestimmte Zeit. In Deutschland haben in diesem Jahr bereits mehrere Unternehmen Insolvenz angemeldet, unter anderem der einstige Branchenstar Q-Cells.
First Solar begründete seine Entscheidung als Folge politischer Entscheidungen und spricht von einer „drastisch veränderten Marktsituation in Europa“: Spanien hat seine Vergütung für Solarstrom abgeschafft, Deutschland massiv gesenkt und für große Anlagen auf Freiflächen ganz gestrichen – ein wichtiges Geschäftsfeld von First Solar. Beide Länder bildeten zudem die wichtigsten Märkte des Unternehmens.
Bereits seit Ende Februar gab es in Frankfurt Kurzarbeit, die Beschäftigten waren noch im März nach Berlin gefahren, um vor dem Brandenburger Tor gegen die Politik der Bundesregierung und für einen Erhalt ihrer Arbeitsplätze zu demonstrieren.
Subventionen der Konkurrenz kontern
Unterdessen kursieren Modelle, nach italienischem Vorbild die deutsche Solarförderung umzubauen und so heimische Hersteller zu schützen. Momentan bekommt, wer in Deutschland eine Solaranlage betreibt, für den ins Netz eingespeisten Strom über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) einen staatlich garantierten Preis.
In Italien gibt es eine um 10 Prozent höhere Vergütung, wenn der Strom aus Modulen stammt, deren Bauteile zu mindestens 60 Prozent von europäischen Firmen stammen. Die Regel soll die Subventionen Chinas an die dortige Solarindustrie kontern. Die USA haben chinesische Hersteller im März mit Strafzöllen belegt.
„Wir müssen in Deutschland heimische Hersteller nach italienischem Vorbild unterstützen. Eine solche Regel könnte in der nächsten Novelle des EEG verankert werden“, sagte der thüringische Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD) der taz.
Der Obmann der Unionsfraktion im Umweltausschuss des Bundestages, Josef Göppel (CSU), spricht von einer „voll wettbewerbsfähigen Fertigung“ in Deutschland. „Wenn der chinesische Staat diese Offensive nicht aufgibt, dann bleiben nur Einfuhrzölle oder eine Präferierung europäischer Hersteller nach italienischem Vorbild“, sagte er.
In Berlin findet das Modell bisher wenig Anhänger. Im Bundesumweltministerium heißt es, man wolle erst mal die jüngsten Kürzungen durch den Bundesrat bringen. Die FDP ist strikt gegen eine Regel, die nach Protektionismus aussieht.
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