Söldner bei Computerspiel-Release: "Die Jungs sind super drauf"
Bei einer PR-Veranstaltung des First-Person-Shooters "Battlefield 3" erklärten die Kämpfer einer umstrittenen deutschen Söldnerfirma echte Kriegstaktiken.
Das frisch veröffentlichte Computerspiel "Battlefield 3" des US-Publishers Electronic Arts (EA) setzt in vielerlei Hinsicht neue Maßstäbe. Bereits 10 Millionen Exemplare wurden in der ersten Verkaufswoche abgesetzt. Die Grafik- und Geräuschkulisse des Kriegsspiels ist beeindruckend und bietet eine so noch nie da gewesene Atmosphäre. Genauso beeindruckend ist allerdings der Werbeaufwand: Rund 100 Millionen US-Dollar soll die weltweite Kampagne gekostet haben.
So ließ EA am Freitag echte Panzer durch London rollen. Und schon im August sorgte das Unternehmen für Aufregung, als es auf der weltgrößten Videospielmesse Gamescom in Köln einen echten Kampfjet ausstellte. Die Messebesucher konnten in olivgrüne "Battlefield 3"-Overalls schlüpfen und sich vor dem Flugzeug fotografieren lassen, damals protestierten die Kölner Grünen gegen die PR-Maßnahme.
Am vergangenen Montag fand schließlich in Köln ein "Community-Release Event" statt. Dabei konnten die Anwesenden nicht nur "Battlefield 3" spielen, sondern sich auch mit realgetreuen Nachbildungen echter Waffen hantieren und sich schulen lassen – von echten Militärs. Ehemalige Elitesoldaten, die nun beim deutschen Söldnerunternehmen "Asgaard – German Security Group" arbeiten, hielten auf der Videospiel-Veranstaltung einen Vortrag über Einsatztaktiken.
Ein PR-Video von Electronic Arts zeigt einen der Söldner bei seinem Vortrag: "Wir gehen ins Ziel rein. Wenn wir auf kurze Distanz mit der MP5 zum Beispiel beim Raumklären sind. Dann gehen wir rein und ich gehe auf Höhe Bauchnabel", erklärt der ehemalige Bundeswehr-Soldat. Auf den Präsentations-Folien sind Überschriften wie "Zielangaben in Gebäuden", "Bewegen in Gebäuden", "Säubern von Räumen: 4 Mann-Technik" zu lesen.
Empfohlener externer Inhalt
Im Gespräch vor der Kamera zeigt sich der Asgaard-Söldner von dem neuen Videospiel fasziniert: "Von der Grafik her und auch von der Map her sehr realistisch. Da fühlt man sich schon irgendwo hin versetzt: Afghanistan oder Irak." Und auch für die Spieler findet der Söldner nur Lob: "Also was ich heute festgestellt habe: die Jungs sind super drauf. Die setzen hier auch schon Taktiken ein, die man im realen Leben auch einsetzt."
In die Schlagzeilen geriet die "Asgaard – German Security Group" im Frühjahr 2010: der Militärdienstleister mit heutigem Firmensitz im westfälischen Ahlen plante mehr als 100 deutsche Söldner in den somalischen Bürgerkrieg zu schicken. Dort sollten die Söldner den Politiker Galadid Abdinur Ahmad Darman, der sich selbst als gewählten Präsidenten des Landes bezeichnet und zugleich der international anerkannten Übergangsregierung jegliche Legitimation abspricht, im bewaffneten Kampf gegen andere politische Gruppen unterstützen.
Die Staatsanwaltschaft Münster schaltete sich wegen Verdachts auf Verstöße gegen das Strafgesetzbuch sowie gegen ein für Somalia geltendes Waffenembargo ein. Im August 2010 durchsuchten Zollfahnder und Spezialkräfte der Polizei Räumlichkeiten von Asgaard in Nordrhein-Westfalen und Bayern. Laut Staatsanwaltschaft sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen und das Verfahren dauert an.
Electronic Arts war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Möglicherweise, weil sich die Firma in Sachen Battlefield aktuell auch mit Spionagevorwürfen konfrontiert sieht. Die Nutzungsbedingungen der Online-Plattform Origin, die zum Spielen von Battlefield 3 unabdingbar ist, sollen umfangreiche Verstöße gegen Verbraucher- und Datenschutzrechte enthalten, der Kopierschutz kommt einer Analyse von gamestar.de einer Spyware gleich.
Ein Zwei-Fronten-Krieg also für Electronic Arts – wie man den am besten besteht, kann sich die Spielefirma sicherlich von den Kollegen von Asgaard erklären lassen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
80 Jahre nach der Bombardierung
Neonazidemo läuft durch Dresden
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen