piwik no script img

SockenschußZiele feiern wie sie fallen

■ Neues zur Stadtbibliothek: Kölner Vorbild, Bremer Streit, Planung in Mondlandschaft

Senat, Deputierte, fachpolitsche SprecherInnen, große Koalition: Da kann schon mal der Überblick verloren gehen, und in Sachen Bibliotheken ist der Fall eingetreten. Wie erst durch eine parlamentarische Anfrage bekannt wurde, hat der SPD-CDU-Senat im März das künftige Budget der Stadtbibliothek mit zehn Millionen Mark beziffert und hält damit eine Kürzung des Etats um drei Millionen Mark für realistisch.

Erst prompt und dann vor allem ausdauernd retournierten die StadtbibliothekarInnen mit Protest. So geschehen gestern im Haus der Bürgerschaft bei einer Fachtagung zum Thema. Sie hätte auch dem Letzten, wohl auch den abwesenden SenatorInnen, Fraktionschefs oder Wirtschaftspolitikern klar machen können, daß eine gut ausgestattete, verwaltungsreformierte Stadtbibliothek megagut ist, weil der Kölner Bibliotheksleiter Horst F. Neißer so schön von seinem Betrieb, vom wachsenden Zulauf und dem rasant gestiegenen Image seiner High-Tech-Bibliothek sprach. Da ging regelrecht ein Stern auf.

Doch den Bremer Budgetstreit konnte auch er nicht vollständig aufhellen. Die Kulturdeputation hätte in ihren Beschlüssen keinerlei Zahlenangaben gemacht, sagte die (immer noch rührige!) kulturpolitische Sprecherin der SPD, Carmen Emigholz, „zehn Millionen sind eine Mondplanung“. Ihre CDU-Kollegin Elisabeth Motschmann will sich – wie Emigholz – nicht nur weiter für die (überfällige) neue Zentrale stark machen, sondern auch am Zehn-Millionen-Mark-Ziel festhalten, denn „man muß sich ja Ziele setzen“.

Da schreiben sich folgende Fragen ganz von selbst auf's Papier: Hat der Senat auch andere Ziele? Ein Vier-Sparten-Theater für zwölf Millionen Mark jährlich – Einsparung von 31 Millionen Mark zu erzielen durch eine Verzehnfachung der Eintrittspreise? Ein Übersee-Museum für einen Etat von 8,60 Mark – Einsparung von 3,9 Millionen Mark zu erzielen durch die Vergabe der Hausreinigung an eine Fremdfirma? Da bleibt nur ein Fazit: Ziele sind aus Bremen einfach nicht mehr wegzudenken! ck

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen