So war das Juliwetter in Berlin: Bislang ein ziemlich nasses Jahr
Der Juli war viel zu heiß – oder nur ein kleines bisschen? Kommt immer auf den Vergleichszeitraum an.
Genaueres weiß da der Deutsche Wetterdienst (DWD), der erstens alles aufzeichnet und zweitens nichts vergisst. Da klingt das dann schon anders: „Berlin war im Juli 2023 die wärmste Region Deutschlands.“ Und nicht nur das. Die mittlere Monatstemperatur lag mit 19,8 °C um 1,5 Grad über dem langjährigen Mittel von 18,3 °C, wissen die OffenbacherInnen.
Klar, die ersten beiden Monatsdrittel waren heiß, und der 15. Juli setzte mit 35,5 Grad den bisherigen Jahresrekord bei der Höchsttemperatur. Aber insgesamt gleich 1,5 Grad mehr als sonst? Beim genauerem Hinsehen zeigt sich, dass der DWD zum Vergleich die drei Jahrzehnte von 1961 bis 1990 heranzieht. Bezogen auf die Periode 1991–2020 hingegen lag das Juli-Mittel nur hauchdünn darüber, an einigen Messstationen, etwa in Buch, sogar um 0,1 Grad darunter.
Das kann man machen (und machen auch viele), aber Andreas Friedrich vom DWD hält es für wenig aussagekräftig: In der Periode 1961–1990 sei die durch menschliche Einflüsse verursachte Erwärmung noch nicht so stark enthalten, „es herrschte ein etwas kälteres Klima, das dem der vorindustriellen Zeit besser entspricht“, so der Meteorologe zur taz. Dieser Vergleich eigne sich darum besser, um längerfristige Entwicklungen abzubilden.
Die Latte schon gerissen?
Okay – aber haben wir dann nicht die berüchtigte Pariser Messlatte schon gerissen? Jein: Tatsächlich hat sich laut Friedrich die mittlere Temperatur in Deutschland von 1881 bis 2021 um 1,5 Grad erhöht (der Juli 23 ist da kein Ausreißer). Entscheidend ist aber das globale Mittel, und da gibt es noch ein bisschen Spielraum, denn die Luftmassen über den Ozeanen erwärmen sich weniger schnell.
Bleibt man beim Zeitraum 1961–1990, fällt gleichzeitig aber auch die Niederschlagsmenge relativ höher aus. In Bezug darauf hat es im Juli nämlich mit rund 75 l/qm fast anderthalb mal so viel geregnet, verglichen mit den vergangenen 30 Jahren lag die Menge je nach Messstelle knapp darunter oder darüber.
Bis auf den viel zu trockenen Mai ist das laufende Jahr in jedem Fall ein außerordentlich nasses, die Natur dankt. Leider kann sich niemand darauf verlassen, dass das so bleibt. Das sollte mittlerweile im Langzeitgedächtnis angekommen sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Selenskyj bringt Nato-Schutz für Teil der Ukraine ins Gespräch
Parteitag der CDU im Hochsauerlandkreis
Der Merz im Schafspelz