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So viel Arbeit war noch nieMehr malochen

Die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland steigt auf ein Rekordniveau. Damit einher geht ein Strukturwandel hin zu mehr Leih- und Teilzeitarbeit.

Immer mehr Menschen setzen den Bauhelm nur zeitweilig auf: Teilzeitarbeit nimmt zu. Bild: cocaline / photocase.com

BERLIN taz | Das ist auch ein Glück für die Regierung: Im vergangenen Jahr übersprang die Zahl der Erwerbstätigen erstmals die 41-Millionen-Marke, teilte das Statistische Bundesamt am Montag mit. Im Jahre 2011 waren nach vorläufigen Berechnungen durchschnittlich rund 41,04 Millionen Menschen mit Wohnort in Deutschland erwerbstätig. Das sind 1,3 Prozent mehr als im Jahr davor.

Die positive Entwicklung stehe in Zusammenhang mit dem seit zwei Jahren anhaltenden konjunkturellen Aufschwung, hieß es beim Statistischen Bundesamt. Die Nachfrage nach Arbeitskräften ist zum Jahresausklang weiter gestiegen, teilte die Bundesagentur für Arbeit mit.

Mit den guten Zahlen verbindet sich ein Strukturwandel hin zu mehr Jobs in der Dienstleistung und zu mehr Leih- und Teilzeitarbeit. So werde jede dritte offene Stelle heute aus dem Bereich der Zeitarbeit gemeldet, hieß es bei der Bundesagentur. Allerdings gibt es in der Zeitarbeit auch eine besonders hohe Fluktuation der Beschäftigten. Im Jahr 2011 hatten drei Viertel aller Erwerbstätigen einen Job in den Dienstleistungsberufen, im Jahr 1991 war dies nur bei 60 Prozent der Fall gewesen, hieß es beim Statistischen Bundesamt.

In den Dienstleistungsberufen sind besonders viele Frauen tätig, von denen viele aus familiären Gründen in Teilzeit arbeiten. Im wachsenden Feld der Gesundheitsdienstberufe etwa liegt der Anteil der Teilzeitkräfte mit mehr als 18 Wochenstunden bei 28,1 Prozent, in den metallverarbeitenden Berufen hingegen nur bei 1,4 Prozent.

Stastik "trügerisch", rügt die Linke

Dass besonders die handwerklichen Männerdomänen mit Vollzeitjobs schrumpfen, zeigen die Zahlen aus dem Baugewerbe: Dort arbeiteten 2011 nur noch 5,9 Prozent aller Erwerbstätigen, 20 Jahre zuvor lag ihr Anteil noch bei 7,6 Prozent.

Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linkspartei, Sabine Zimmermann, rügte am Montag, dass in den vergangenen Jahren viele Vollzeit- in Teilzeitstellen und Minijobs umgewandelt worden seien. Die vermeintlich gute Beschäftigungsstatistik sei daher "trügerisch" und gebe "wenig Anlass zum Feiern". Tatsächlich ist das Arbeitszeitvolumen in den Jahren von 2000 bis 2010 statistisch pro Kopf leicht gesunken. Ob sich ein Trend zur wachsenden "Aufsplitterung" von Vollzeitjobs aber langfristig nachweisen lässt, ist ungewiss. Nach Zahlen des Nürnberger IAB-Instituts nahm das Arbeitszeitvolumen pro Erwerbstätigen bis zum dritten Quartal 2011 wieder leicht zu.

Trotz der Arbeitnehmerfreizügigkeit gegenüber den mittel- und osteuropäischen Ländern ab Mai 2011 stieg der "Pendlersaldo" nur um 6.000 Personen. Der Saldo ist die Differenz zwischen Arbeitspendlern, die hierherkommen, zu denjenigen, die jenseits der Grenzen jobben.

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8 Kommentare

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  • S
    sonja

    Mensch Socke, du bist echt ne Socke!

    Warum schmeißt du den Arbeitgebern das Geld nicht gleich so in den Rachen und läßt die lieben Leutchen aus dem Niedriglohnsektor zu Hause feiern? Würde mir viiiiel besser gefallen. Denn diese schlechtestbezahlten 3-Monats-Jobs in der Leiharbeit können einem wahrlich nicht das Gefühl geben, "gebraucht" zu werden. (höchstens im Sinne von "ausgenutzt")

    Und das Gefühl eine "Zukunft" zu haben bleibt bei mir auch aus in Anbetracht immer neuer befristeter Zeitarbeitsverträge und permanent gebrochener Versprechungen der Zeitarbeitsfirmen.

    Und um das klar zu stellen: Ich habe rein gar nichts zu tun mit irgendwelchen "Linken" und "Ex-SED-lern"!

  • J
    Jörn

    Wir brauchen mehr Teilzeitjobs.

    Wenn sich ein Paar gleichberechtigt um die eigenen Kinder kümmert, ist es gut, wenn beide Teilzeit arbeiten können. Statt der "klassischen" Rollenverteilung bei der der Mann 130% und die Frau 30% arbeitet, sollten beide 80% arbeiten können. Wenn dabei Karriere nicht ausgeschlossen ist und die Bezahlung (pro gearbeiteter Stunde) vergleichbar ist, haben wir viel erreicht.

    Ein Umbau von Vollzeitjobs zu Teilzeitjobs kann also durchaus positiv sein - ein Umbau zu Minijobs ist es jedoch nicht.

  • F
    FreiDenker

    Anmerkung:

    Ja es gibt eine steigende Beschäftigung in Deutschland, die aber hauptsächlich die Sozialkassen auffüllt.

     

    Dem Normalo-ZA bleibt immer weniger Netto vom Brutto.

     

    Nur ein kleines Beispiel, wie es derzeit vielen ZA's ergeht:

    Durchschnitts-Zeitarbeiter --- 3-6 Monate beschäftigt; anschließend keine Leistungen von ALG I da zu kurz beschäftigt; desweiteren ebenso keine Leistungen aus ALG II, da Ehepartner zuviel verdient.

     

    Natürlich füllen auch die Kleinselbstständigen kräftig die Krankenversicherung auf. Da traut sich so schnell keiner mehr in die PKV und bei der gesetzlichen KV gilt 2000 EUR Brutto Minimum für die Beitragsberechnung.

  • S
    Socke

    Alles ist schlecht, mehr Menschen müssen arbeiten, vieles sind nur Leiharbeiter, es droht die Rezession, Experten gehen vom Abscwhung aus usw usw.

    Mal abgesehen davon, dass diese "Experten" schon seit langem vom Abschwung ausgehen, ander eExperten von einem weiteren Aufschwung - sollte man einfach abwarten was passiert. DAs kann prinzipiell KEINER im Vorraus sagen was passiert. Wer sich auf Experten verläßt, ist verlassen.

     

     

    Und vielleicht hört die Links-SED einfach mal auf sich zu beschweren und freut sich für DIE Menschen die es nun zumindest geschafft haben eine Stelle zu bekommen?

    Nichts erfüllt die meisten Menschen mehr als das Gefühl gebraucht zu werden. Selbst WENN es nur Aufstpcker Jobs sind, ist es besser als wenn diese völlig am Tropf hängen.

     

    Diese ewige Miesmacherei nervt einfach nur noch !!!!

  • Y
    yberg

    macht euch mal die mühe abzugleichen,wie sich die zahl der aufstocker in den letzten 5 jahren entwickelt hat.

     

    wie haben sich ausbildungsverhältnisse entwickelt .

     

    wie haben sich die prekären-pauschal,teilzeit,leihe- jobs in den einzelnen branchen entwickelt bitte auch im hinblick auf geschlecht

     

    ab wieviel wochenstunden zählt arbeit als beschäftigungsverhältnis.

     

    davon geringfügigbeschäftigte im familienverband

     

    abgleich der daten von 1 mann betrieben,entwicklung der letzten 5 jahre

     

    entwicklung der lohnsumme der letzten 5 jahre

     

    durchschnittslohnhöhe eines beschäftigungsverhältnisses

    bezogen auf die vorgelegte statistik auch entwicklung der letzten 5 jahre

     

    usw.

     

    dann könnt ich mit den zahlen mehr anfangen.

     

    im übrigen stehen hinter den anzeigen der arbeitsvermittler zum überwiegenden teil keine neu geschaffenen stellen

     

    fragt mal in bremen nach ,bei prof. hickel .dem sein institut scheint mir kompetenter als das nürnberger arbeitsamtanhängsel IAB

  • X
    xonra

    Wahrscheinlich hat man endlich die Linkshändler mit zu großen Füßen aus der Statistik gezaubert.

  • R
    ryba

    hin zu mehr ...Wanderarbeitern...

    Frohes Neujahr!

  • H
    Hans

    Die Statistik ist hübsch und nett. Wirklich aufschlussreich wird es erst, wenn man auch ermittelt, wie hoch das Einkommenssteueraufkommen ist, wie hoch die Aufstockungen sind? Alle Elemente müssen wirklich aufgeführt sein, sonst ist diese Statistik nicht aussagefähig. Und sie riecht ja auch nach Propaganda, schließlich warnt ja selbst der IWF vor einer weltweiten EURO-Krise. Experten gehen von einem Abschwung aus.