: „So heftig wie zart“
■ Erster Alfred-Kerr-Darstellerpreis an Steffi Kühnert vom Nationaltheater Weimar für ihre „Nora“
Berlin — Für ihre herausragende Leistung als „Nora“ in dem gleichnamigen Drama Henrik Ibsens hat die ostdeutsche Schauspielerin Steffi Kühnert am Sonntag den ersten Alfred-Kerr-Darstellerpreis erhalten. Der Senior des deutschen Theaters, der 85jährige Berliner Schauspieler Bernhard Minetti, überreichte die mit 10.000 Mark dotierte Auszeichnung an seine 27jährige Kollegin vom Nationaltheater Weimar. Die Familie Kerr und die Pressestiftung Tagesspiegel haben gemeinsam im Andenken an den Berliner Theaterkritiker Alfred Kerr den Preis für Nachwuchsschauspieler gestiftet. Der Preisträger soll aus den zu dem Theatertreffen eingeladenen Inszenierungen ermittelt und jährlich während des Treffens verliehen werden.
Juror Minetti erklärte, daß er sich spontan für „Nora“ entschieden habe, nachdem er sie gesehen hatte. „Sie spielt mit risikobereiter Entschiedenheit aus einer reichen Gefühlswelt eine Wahrhaftigkeit so heftig wie zart“, begründete Minetti in der Urkunde seine Entscheidung. Ihr Spiel sei klar und verständlich, ihre Darstellung verspreche Reiches für die Zukunft. Die junge Schauspielerin war sichtlich gerührt und meinte nur: „Ich weiß nicht, was ich nach soviel Esprit von Herrn Minetti noch hinzufügen kann.“
Die Preisträgerin kommt aus dem Ostteil Berlins, besuchte dort die Schauspielschule Ernst Busch und kam dann über Eisenach zum Nationaltheater Weimar. Dort spielt sie seit einem knappen Jahr die „Nora“ in der Regie von Leander Haußmann, einem früheren Mitstudenten an der Schauspielschule, dem Newcomer unter den Regisseuren auf dem Theatertreffen.
Der Vertrauensmann des Preises, Günther Rühle, bestimmte Minetti als Juror. Er nannte die Preisverleihung einen Schritt der Annäherung an Alfred Kerr, der 40 Jahre lang einer der ersten Journalisten der Stadt gewesen sei. Kerr habe Berlin 1933 als Jude verlassen müssen. Sein Werk stehe noch zur Veröffentlichung. Die jetzt in Gang gekommene Ausgabe zeige den Lyriker wie den Theaterkritiker und den politischen Menschen. Seine Tochter Judith habe die Tantiemen aus der Ausgabe für den Kerr-Preis zur Verfügung gestellt.
Frau Kerr betonte, daß ihr Vater nicht nur die Schauspieler, sondern vor allem auch die Schauspielerinnen geliebt habe. Zur Preisverleihung meinte sie: „Ich habe das Gefühl, daß dies für meinen Vater eine Art Heimkommen nach Berlin ist.“ dpa
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen