Smartphones werden immer breiter: Die Wahrheit liegt in der Diagonalen
Motorola, Samsung und mehrere andere Hersteller von Android-Handys haben ein neues Geräteformat entdeckt: Statt immer kleiner werden sie immer breiter.
In den USA geht der Trend bekanntlich zu großen Dingen: Autos, Safttüten, etc. Im Elektronikbereich herrschte bislang dagegen eine gegenläufige Entwicklung vor: Geräte konnten nicht klein genug sein. Im Bereich der Android-Smartphones, hinter deren Software und grundlegenden Spezifikationen das amerikanische Unternehmen Google steckt, ist diese Miniaturisierung dagegen mittlerweile verpönt. Wie auf dem Mobile World Congress in Barcelona, der größten Handy-Messe der Welt, festzustellen war, geht der Trend ganz akut zu riesigen Bildschirmen.
Dabei scheint es offenbar darum zu gehen, sich von Apples iPhone schon von weitem abzusetzen. Während sich an dessen 3,5-Zoll-Bildschirm seit bald fünf Jahren in Sachen Dimensionierung nichts geändert hat - das Display wurde dank höherer Pixeldichte nur schärfer - hat man im Android-Bereich eine große Auswahl an verschiedenen Größentypen. Nur ganz klein gibt es selten. Besonders experimentierfreudig präsentiert sich dabei Apples Erzfeind Samsung. Ein Beispiel ist das schon seit Herbst erhältliche Galaxy Nexus, das aktuelle Flaggschiff-Gerät mit Googles jüngster Android-Version „Ice Cream Sandwich“.
Die Bildschirmdiagonale liegt bei 4,65 Zoll, was eine Gerätebreite von 68 Millimetern bedingt. Das ist für kleine Hände potenziell problematisch. Dafür erhält man aber auch eine hohe Auflösung: 1280 mal 720 Bildpunkte stehen zur Verfügung, was für HD-Videos im vollen 720p-Format ausreicht. Beim iPhone 4S bekommt man nur 960 mal 640 Bildpunkte, auch wenn diese eine höhere Pixeldichte aufweisen, was grundsätzlich etwas schärfer wirken kann.
Tablet-PC am Kopf
Doch 4,65 Zoll sind Samsung nicht genug. Beim Galaxy Note, das gerade in den USA mit hohem Reklameaufwand in den Markt gedrückt wurde, hierzulande aber ebenfalls schon etwas länger verfügbar ist, will man ein Mittelding zwischen Tablet und Smartphone etablieren. „Wahre Größe steckt in der Diagonalen“ werben die Koreaner dafür.
Mit 5,3 Zoll Bilddiagonale und einer Gerätebreite von 83 Millimetern wirkt das Gerät beim Telefonieren etwas merkwürdig - etwa so, als würde man sich einen zu klein geratenen Tablet-PC an den Kopf halten. Aber auch das Galaxy Note hat wieder Vorteile: Der große Bildschirm erlaubt unter anderem, mit einem beiliegenden Stift direkt auf dem Display zu zeichnen oder handschriftliche Notizen anzufertigen.
Dem Konkurrenten Apple käme so etwas dagegen vermutlich nicht in den Sinn: Bei der Einführung des iPhone 2007 sagte der mittlerweile verstorbene Firmengründer Steve Jobs, ein solcher „Stylus“ käme nicht in Frage. „Wenn das Ding einen Stylus hat, haben sie's verpatzt“, so Jobs. Trotzdem gibt es von externen Anbietern Stifte für Apple-Geräte - die sind dann allerdings vor allem für das 10 Zoll große iPad gedacht, um zeichnen zu können. Samsung lässt sich vom Stylus-Hass des Konkurrenten aber nicht abhalten: Vom Galaxy Note soll nun auch eine noch größere Version mit 10 Zoll auf den Markt kommen.
Das wird man dann allerdings nicht mehr zum Telefonieren an den Kopf halten, sondern mit einer Freisprecheinrichtung nutzen. Auch bei anderen Herstellern von Android-Geräten geht der Trend in Richtung Großdisplay. Das aktuelle Modell Razr des Herstellers Motorola Mobility, der gerade von Google übernommen wird, hat 4,3 Zoll, allerdings mit einer geringeren Auflösung als das iPhone 4S. Das Optimus 3D von LG kommt ebenfalls mit 4,3-Zoll-Bildschirm, Panasonics brandneues Eluga will sogar Samsungs Galaxy Note Konkurrenz machen: Fünf Zoll sind für das staub- und wassergeschützte Smartphone vorgesehen.
Für die Nutzerinnen und Nutzer ist der große Bildschirm vor allem eine Gewöhnungsfrage - sowohl beim Handling als auch beim Transport. Denn nicht jede Hosentasche fasst Geräte mit mehr als 4 Zoll. Aber auch die lässt sich ja verbreitern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Selenskyj bringt Nato-Schutz für Teil der Ukraine ins Gespräch