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Slubicer Bürger wünschen Brücke

■ Trend zu Arroganz bei ehemaligen DDR-Bürgern an der Oder-Neiße-Grenze nimmt zu

Frankfurt/Oder. Die für Polen „verschlossene“ deutsch-polnische Grenze behindere die Zusammenarbeit zwischen den beiden Nachbarstädten Slubice und Frankfurt (Oder). Das sagte die Dezernentin für Interationale Beziehungen der 16.000 Einwohner zählenden polnischen Stadt, Lucyna Leyko. Jetzt, wo Europa zusammenwachse und staatlich angeordnete „Freundschaft“ echten menschlichen Kontakten weichen könnte, gestalte sich das Miteinander beider Städte sehr schwierig. Ein kleiner Grenzverkehr, von beiden Seiten gewünscht und an anderen deutschen Grenzen bereits praktiziert, könnte bei Beseitigung von Vorurteilen vieles zugunsten der Slubicer und Frankfurter auf den Weg bringen. Sie denke dabei an die gemeinsame Bewältigung von Umweltproblemen, beispielsweise zur Entlastung der Oder. Aber auch kulturelle, sportliche und medizinische Möglichkeiten auf beiden Seiten des Flusses könnten gegenseitig genutzt werden. Gespräche zwischen den Verantwortlichen dazu habe es bereits gegeben. Aber ihnen seien bisher keine Taten gefolgt.

Aktiv wollten sich auch Abgeordnete des Slubicer Stadtparlaments in den Verein „Frankfurter Brücke“ einbringen, um auf unterer Ebene etwas für die deutsch-polnischen Beziehungen zu tun. Doch nachdem der zunächst vorgeschlagene Name Aktionskreis „Brücke“ von der deutschen Seite ohne Kenntnis der Polen in „Frankfurter Brücke“ gewandelt wurde, zogen sich die Slubicer erst einmal zurück. „Wenn der Verein auch in unserer Stadt populär werden soll“, sagt die Kommunalpolitikerin aus Slubice und einziges polnisches Vorstandsmitglied, „dann muß der Vereinsname geändert werden.“ Die Brücke über die Oder sei nicht allein eine Frankfurter.

Genauso würden es die Slubicer Stadtväter begrüßen, wenn die in Frankfurt zu gründende Europa- Universität über die Oder nicht nur eine geistige Brücke nach Polen schlüge. Die kleine Stadt könnte sich eine „Filiale“ der Lehreinrichtung in ihrem Territorium vorstellen und biete ein geeignetes Haus dafür an, informierte Lucyna Leyko.

Insgesamt vermisse sie bei vielen Ostdeutschen das echte Interesse am Kennenlernen und Akzeptieren der Polen. Sie kämen größtenteils nur als Einkaufstouristen in das Land. Zunehmend würden ihre Landsleute beschimpft und ehemalige DDR-Bürger treten überheblich und arrogant auf, beklagt Lucyna Leyko. Die Zeit, Demokratie zu lernen, sei für die Ostdeutschen wohl noch nicht zu Ende. adn

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