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Slowhand hört auf!

Der Armani-Anzug unter den Rockgitarristen geht von der Bühne

Aber sein Spiel? Was taugte es? Was konnte er wirklich? Es war bescheiden wenig

Wer sich so wie ich mit dem Morgen schwer tut, jeden Tag aufs Neue, der braucht schon ein gerüttelt Maß an Beistand und Seelenstreichelei, um es wieder einmal anzupacken. Am besten funktioniert da immer noch die gute alte schöne Neuigkeit, die dieses angenehme Prickeln auf dem Hinterkopf auslöst, ja, die einem schier die Mundwinkel hinter die Ohren klemmt. Eine Nachricht wie das Summen einer Honigbiene vor dem halbgeöffneten Küchenfenster an einem lauwarmen Frühsommermorgen. Sie sind selten, ich weiß es wohl, aber es gibt sie immer noch gelegentlich, diese einfachen, ganz unverbrauchten Momente des Glücks.

So las ich kürzlich folgende Meldung beim Frühstück: „Eric Clapton will nach dem Ende seiner aktuellen Tournee nie mehr auf Konzertreise gehen.“ Nicht wahr? Ist das nicht wunderschön? Clapton hört auf!!!

Es war ja wirklich höchste Zeit. Zugegeben, „Strange Brew“, „White Room“, „Tales Of Brave Ulysses“ etc. – das hatte schon was, das war in der Tat ein eigenartig Gebräu seinerzeit, doch ob sich heute noch jemand diesen extensiven Wah-Wah-Exaltationen ohne tobaköses Betäubungsmittel hingibt, wollen wir mal ganz stark bezweifeln. Doch schließlich geht es hier um etwas anderes, etwas fundamental anderes, um den späten Clapton nämlich, den Clapton der schlechten Siebziger-, der Achtziger- und Neunzigerjahre, um Mr. Slowhand, den Armani-Anzug unter den Rockgitarristen.

Nun, Rock ist ja fast schon zu viel gesagt für dieses leidenschaftslose Altersparlando. Seine Gitarre hatte er stets mit so viel 19-Zollern im Studio gewichst und gewienert, dass sich an ihr garantiert niemand mehr einen Splitter einriss. Zärtlich schmiegten sich noch flaumweiche Keyboards an, wattiert von einem samtenen Stimmchen, das sich auch schon mal in fragile Höhen verlor, ja wirklich verlor, und alles war so herrlich bequem und entspannt und gepflegt und dabei so exquisit, wie es einem reiferen Herrn aus den besseren Kreisen, einem Geschäftsmann noch dazu, wohl anstand.

Damit sich überhaupt etwas tat, hatte der Mann alleweil ein paar quirrlige Bläser verpflichtet, die dieses locker-luftige Soundsoufflé dann und wann umrührten. Herrlich einkaufen konnte man bei dieser Musik, sich tief in die Augen schauen oder die Olympischen Spiele damit beschallen – so geschehen 1992 mit „Wonderful Tonight“, wo sich der Schlagzeuger zwischen den einzelnen Snare-Schlägen offenbar die Finger maniküren lässt! Aber man konnte sie nicht hören.

Wenn Clapton uns wirklich mal passioniert kam und zu einem zornigen Grummeln anhob, dann standen auch schon ein paar dicke schwarze Soul-Muttis parat, drückten den alten Mann an ihre weichen Brüste – und schon war alles wieder gut.

Aber sein Spiel? Was taugte es? Was konnte er wirklich? Es war bescheiden wenig. Ein paar ebenso traditionelle wie unoriginelle Triolen, die der Gitarrenpennäler schon nach einer Woche flinker und nicht zuletzt prononcierter vom Brett federt, gab es da zu hören – kurzatmiges Single-Note-Geplinker, das man ihm auf der Akustischen meinetwegen noch nachsehen mochte, die gute alte Strat indes ganz abscheulich verhöhnte, und weiter nichts. Doch! Ein silbrig-glänzendes Metallrohr schlurfte da noch bisweilen verbummelt übers Holz und erging sich in larmoyantem Gewimmer. O nein, es war nie schön, mitanhören zu müssen, wie einer alt wurde. Und Verdruss stellt sich ein, wenn man bloß dran denkt.

Die Biene hat sich mittlerweile durch den Fensterspalt gewagt, fällt in mein Glas mit Orangensaft und ersäuft ganz kläglich darin. FRANK SCHÄFER

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