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Slowenien grenzt sich ab

■ Umwandlung Jugoslawiens in einen Staatenbund gefordert Slowenien erklärt sich ökonomisch für selbstständig

Ljubljana (afp/taz) - Die bisherige Sozialistische Republik Slowenien, Teilrepublik der jugoslawischen Föderation, heißt seit Freitag schlicht Slowenien. Das Parlament in Ljubljana, das die Namensänderung beschloß, erklärte gleichzeitig die Unabhängigkeit Sloweniens gegenüber der Föderation in allen ökonomischen und finanziellen Fragen. Künftig muß in allen Fällen, bei denen slowenische und föderative Entscheidungen beziehungsweise Rechtsakte im Widerspruch liegen, nach den Entscheidungen des Ljubljaner Parlaments verfahren werden. Slowenien wird danach künftig selbst über seine Verpflichtungen gegenüber dem Bund und gegenüber den anderen Bundesstaaten entscheiden. Alle bisherigen Zahlungsverpflichtungen der Republik bedürfen der Bestätigung. Diese Regelung ist bitter für die Föderation, denn das prosperierende Slowenien trägt entscheidend zum horizontalen Finanzausgleich bei.

Der Vizepräsident des slowenischen Parlaments Joze Knez hat gefordert, daß Jugoslawien in eine Konföderation, das heißt einen Bund gleichberechtigter Republiken umgewandelt werden müsse. Falls die anderen Teilrepubliken diesem Projekt grundsätzlich widersprächen, könnte Slowenien, so Knez, gezwungen sein „andere Maßnahmen“ zu ergreifen. Gemeint ist die Lostrennung Sloweniens, die allerdings nach Knez durch eine Volksabstimmung in Slowenien legitimiert werden müsse.

Die Parlamentsdebatte in Ljubljana offenbarte die tiefe Verbitterung der Slowenen über die Politik der Bundesregierung im Kosovo. Der über Kosovo verhängte Ausnahmezustand und der Einsatz der Armee habe Slowenien praktisch in den Kriegszustand versetzt. Im Zentrum der Kritik stand die serbische Führung unter Milosevic, der von verschiedenen Abgeordneten „Kriegshetze“ und der „Versuch der Machtübernahme in Jugoslawien“ vorgeworfen wurde. Die serbische Führung verfolge im Kosovo „ein Programm der Kolonialisierung und Vertreibung von mehreren hunderttausend Menschen“.

c.s.

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