: Slapsticks gegen ein Denkmal
■ Citizen Cup: Braasch schlägt Lendl / Charly Steeb hilflos
„Solange er Spaß daran hat, wird er wohl noch weiter spielen“, sagte Karsten Braasch nach seinem 6:1, 6:4 Erstrundensieg gegen Ivan Lendl am Hamburger Rothenbaum. Ein wenig den Spaß verdorben hat Braasch, der neueste Shootingstar der bundesdeutschen Racketszene, dem 34jährigen Tennisdenkmal Lendl schon.
Immer wieder düpierte der 26jährige den früheren Weltranglistenersten durch seine unorthodoxe Spielweise: in unmöglichen Situationen eingestreute Stoppbälle, Aufschläge, deren Bewegungsablauf so slapstickartig komisch anmutete, daß auch Braasch vor versammelter Journaille eingestehen mußte: „Wenn ich das im Fernsehen sehe, lache ich mich auch jedesmal schlapp“. Eine Art Kniebeuge mit kurzem Hupfer sozusagen. O-Ton Braasch: „Was soll er denn machen, wenn jemand so einen Blödsinn spielt wie ich?“, räumte allerdings ein, daß er bei seiner Spielweise ebensogut auf die Nase fallen könne.
Etwa 6000 Zuschauende bemühten sich aus der Rothenbaumpassage - dem Zelt der Verpflegungsstände und Devotionalienschacherer - über den inzwischen gut gefüllten Vorplatz mit den Wurst- und Sektständen hinauf in den Center Court zum Spiel des Tennisdenkmals gegen den wie aus einer Betriebsportgruppe verpflichteten Braasch. Martialischer mutet derzeit der frischfrisierte Jörn Renzenbrinck an. Der Hamburger, der sich gerade unter die ersten 100 der Weltrangliste gesmasht hat, putzte in der ersten Runde Rodolphe Gilbert 7:6 und 6:3 und darf sich in der morgigen zweiten Runde mit dem Alpenboris Thomas Muster messen.
Zu „love“, zu null also, verlor Carl Uwe „Charly“ Steb seinen ersten Satz gegen den niederländischen Schlaks Paul Haarhuis. Der Begriff love leitet sich historisch wie das Tennisspiel selbst vom Französischen her: die Form der Null erinnerte die Franzosen an ein Ei - „l'oeuf“ eben. An ein hilfloses Ei erinnerte auch Herr Steb. Das Spiel des gebürtigen Aahleners, der irgendwo zwischen den Weltranglistenplätzen 90 und 100 herumkrebst, wirft Fragen auf: Ist dem 26jährigen denn nichts zu peinlich? Gegen den 23. der Weltrangliste jedenfalls sah er keine Schnitt. Gut - eine Wildcard kann die Schwarzlocke mit Hauptsitz in Kitzbühl auch im nächsten Jahr erhalten. Aber: Um die Spannung und das Niveau des Herrentennis zu halten, am besten eine Woche früher. Beim Citizen Cup der Damen. Carl Uwe Steb - die neue Herausforderung für Stefanie Graf!
claukader
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