: Skurriles Puzzle
■ Les Ballets C. de la B. zeigen „Iets op Bach“ beim Internationalen Sommertheater
Alain Platel ist Stammgast in Hamburg: Vier Produktionen des belgischen Choreographen waren bereits auf Kampnagel zu sehen. Mag er auch mit verschiedenen Compagnien gastieren, mal einen Autoscooter, mal eine Mietskaserne mitbringen – an der skurrilen Mischung der Darsteller kann man seine Stücke stets wiedererkennen.
Ein knapp zwei Jahre altes Mädchen springt diesmal mit über die Bühne. „Ich wollte mit ihrem Vater arbeiten, der sie nicht so lange alleine lassen konnte. Und da sie auf den Proben Spaß hatte, macht sie nun mit.“ So einfach sind die meisten Antworten, die Alain Platel auf Fragen zu seiner Arbeit gibt. Das ist sympathisch und verrät vielleicht auch schon einen Teil des Geheimnisses seiner unverkrampften Choreographien. Er gebe seinen Tänzern nie Bewegungen vor, sondern lasse sie die einzelnen Elemente selbst entwickeln. Man solle sie doch fragen, was denn sein Anteil an der Arbeit sei, sagt er. Beschreiben möchte er nur den Prozeß, wie er ein Gesamtpuzzle aus den vielen Stückchen baut. Diesmal haben er mit Les ballets C. de la B. gemeinsam einen Tag mit Schweigen, einen anderen in einer Peep-Show und einen dritten mit der Beschäftigung mit Narben verbracht.
All das findet man auch in Iets op Bach wieder. Es geht „wie immer irgendwie um Plätze, an denen sich unterschiedlichste Menschen treffen“. Daß das nicht zu Beliebigkeit führt, sondern zu einer Sammlung kostbarer Begegnungen, irgendwo am Rand unserer Aufmerksamkeit, hat Platel mehrmals bewiesen.
Für die Arbeit an „Etwas über Bach“ waren 50 Barock-Kantaten allgegenwärtiges Material. Deren Einsatz entwickelt sich im Laufe des Abends langsam von Kaufhaus-Berieselungsmusik zu sehr konkreter Begleitung für szenisches Geschehen. Emotional, nicht mathematisch sollte Bach eingesetzt werden. Dafür bürgen drei Sänger und ein Kammerorchester auf der Bühne. „Nachdem die Musiker das erste Mal gesehen hatten, was wir gemacht haben, herrschte 15 Minuten Schweigen. Ich hatte Angst. Aber es hat ihnen gut gefallen.“ Matthias von Hartz
Do, 20. - So, 22. August, 20 Uhr, Kampnagel
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