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Sklaven der Musik

■ Kein Wort über Postrock, bitte: Couch in der Tanzhalle

Manchmal geht es so: Da stößt man in nischenartig-familiären Zusammenhängen abseits aller üblichen Hipness-Instanzen auf eine atemlos machend begeisternde Band, sagen wir: ein auf spannende Weise ungerade Takte aufeinander stapelndes Instrumentaltrio aus München, Couch geheißen. Dessen Besetzung – Gitarre, Bass, Schlagzeug – und Energie stammten damals, Anfang der 90er, aus dem Kernbestand der jüngsten Rockgeschichte, Unterabteilungen Hardcore oder auch Indie-Rock; versetzt mit etwas Klötzchenschieber-Nerdtum und der Ambition, alles ein wenig komplizierter zu machen als nötig. Immerhin: Um dieselbe Zeit machte in Chicago ein merkwürdig gemächlich Jazzrock und studentischen Freizeitüberschuss miteinander verquickendes Bandformat namens Tortoise von sich reden, und Vokabeln wie „Post-Rock“ und „Zukunftsmusik“ schwirrten in Richtung Mains-tream-Aufmerksamkeit. Die Zeichen hätten gut stehen können für einen Couch-Erfolg, denn selten zuvor schien das Interesse am Sprengen der lieb gewonnenen, gleichwohl etwas öden Strukturen früherer Leib-und-Magen-Musik so ausgeprägt gewesen zu sein.

Es sollte noch etwas dauern. Couch veröffentlichten zwei tolle Alben in Oberbayerns kreativem Musikkosmos zwischen den Labels Hausmusik, Kollaps und Payola. Erst nachdem diese Zusammenhänge um Bands wie The Notwist vom Geheimtipp zur relevanten Größe geworden waren, erwärmte man sich auch in Köln oder Berlin für die inzwischen umbesetzten, später zum Quartett erweiterten Couch. Platten erschienen beim seinerseits vom sympathischen zum wichtigen Label gewachsenen Berliner Hause Kitty Yo, und namhafte Postillen oberhalb der Fanzine-Grenze widmeten sich den formidablen Münchnern. Mit Matador veröffentlicht man inzwischen auf einer veritablen Instanz des Indierock-Universums. Jüngst von einer Nordamerika-Tour zurück, bereisen Couch jetzt auch wieder hiesige kleine bis mittlere Rockschuppen, denn ein Geheimtipp und „das Gegenteil von hip“ (taz) sind sie irgendwie immer noch.

Im Gepäck das vierte Album Profane, dessen mal perlende, mal athletisch federnde Tracks zwischen der alten verschrobenen Geradlinigkeit und neu entdeckter Neigung zum zurückgelehnten Wohlklang zwischen Tanzmusik und Autobahn, Jazz-Core und Indie-Tronics den Titel so gar nicht bestätigen mögen. Und live versprechen Couch ohnehin nochmal ein Mehr an Hingabe ans Material – hoffentlich mit entsprechendem Anklang beim Publikum zum Ergebnis. „Wir sind die Sklaven der Musik“, sagt Gitarrist Jürgen Söder. „Genau“, ergänzt Bassist und Hauptstückschreiber Michael Heilrath. „Die blutenden Sklaven des idealen Tracks.“

Sonnabend, 21 Uhr, Tanzhalle

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